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„OD nur gemach,“ fagte jener hämifh, „das
fann id dreift Jagen. Ih heiße Heinrid Kreuziger,
bin Leinweber und der Vetter, der leibliche Vetter von
Hans Sachs Fran. Was id) gefagt, Kann ih wohl
verantworten; denn obfhon ih .feit NMeujahr nicht
mehr zu meinem Schwäher ing Haus Ffomme, weil
mid) die vornehmen Leute als armen Vetter und guten
Katholiken verftoßen Haben, fo weiß id doch genau,
was dort vorgeht. Hier in der Schenke zu fein, dazır
hat aber gewiß ein ehrlid) Nürnberger Kind mehr
Necht, als ein fremder Lausbub, der elendiglih und
zerlumpt herbeigelaufen ift, deffen Mutter eine Here
gewefen, und die mit einem Zauberfprüchlein im
Munde ihre Seele ausgehaucht hat. So. gratuliere
iq denn auch der Singfhule zu diefem Mitgliede!“
Betroffen blidten alle auf Franz, der bleid und
zitternd dafaß und feines Wortes mächtig war. Da
trat ein Heines, hageres Männlein hervor, das in einer
Ede gefeffen und Zeuge diefer unerhörten Befhimpfung
gewefen war, „Er lügt, der Leinweber!“ rief er mit
wütenden SGeberden. „Ih, der Schuhmachermeifter
Stief, fag’ frank und frei: Alles ift erlogen. In
wenig Wochen ift’8 ein Jahr, da ftand id am Rande
des Berderbens, aber Hans Sachs hat mich gerettet.
Seitden bin id viel bei ihm aus= und eingegangen
und hab’ gefehen und gehört, wie Franz gut fteht bei
dem Meifter und der Meifterin, weil er brav und ge=