Full text: Adam Krafft und die Künstler seiner Zeit

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rohe Treiben und empörende Mißhandeln der schmählichen Bande. 
Christus will eben unter seiner drückenden Last zur Erde sinken, wird 
aber von den Peinigern, die ihn stoßen, zerren und schlagen, weiter 
fortgetrieben. In sehr verwetterter Schrift ist noch zu erkennen: 
„Hier tregt Christus das Creutz und wird von den Juden 
— 
Das Original der sechsten Station befindet sich auch im Germanischen 
Museum (Tafel VII, 2). Sie war die erste, von der eine Kopie an— 
zefertigt wurde (Tafel VII, 3).) Christus, den die Kräfte gänzlich ver— 
lassen haben, ist mit dem Kreuze lang hingeschlagen und wird von 
einem rohen Schergen in unerhörter Weise am Haupthaar emporgezogen, 
während ein andrer ihn am Rockärmel gepackt hat. Im Anfang 
unsers Jahrhunderts war dieses Relief am verfallendsten und wurde 
deshalb von Burgschmiet im Jahre 1829 samt der Säule renoviert. 
Um die Mitte des Jahrhunderts mußte es schon wieder restauriert 
werden. Heute zeigt es eine ganz andre, ich möchte sagen erkünstelte, 
glatte Mache und läßt nur noch die schöne Komposition in den Gesamt— 
linien erkennen. Als die Kopie angefertigt war, wurde der Pfeiler 
etwas zur Seite gerückt, da infolge der Verbreiterung der Straße der 
frühere Standort dem Verkehr hinderlich gewesen war. Unter dem 
Relief las man früher: 
„hier felt Christus vor großer anmacht auf die Erden bei 
Me (1000) Srytt von Pilatus haus.“?) 
Auf jedem Relief hatte die Erfindungsgabe Kraffts es verstanden, die 
Scene immer zu verändern und neue Motive zu geben, ohne langweilig 
zu werden. Von Bild zu Bild ist die Mattigkeit und zunehmende 
Schwäche Christi gesteigert. 
Endlich das siebente Relief (Tafel VII, 4)! Dieses, seit der Er⸗ 
weiterung des Kirchhofes an der Mauer links vom Eingange befindlich, 
ist neben der dritten Station die schönste und, was die Gruppierung 
) 1829 renovierte sie Burgschmiet; nach dreißig Jahren war sie schon wieder 
o ruinös, daß ein Kunstfreund, Herr Kaufmann Zeltner aus Nürnberg, der den 
gänzlichen Verfall des Werkes nicht mit ansehen konnte, sie auf seine Kosten 1889 
durch Bildhauer Lenz unter Krelings Leitung wiederherstellen ließ. Die reno— 
vierten Stücke hielteu aber auch nicht länger als zwanzig Jahre: deshalb wurde 
1889 eine Kopie vom Bildhauer Leistner angefertigt. 
2) Irrtümlicher Weise liest man auf der Kopie statt „anmacht“ „unmacht“, 
woran eine frühere Restauration schuld ist.
	        
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