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sich bei den meisten — nur wenige sind davon ausgenommen —, bei
allen ein Anfangen und Wachsen verfolgen. Wir würden es auch wohl
bei Adam Krafft können, wenn uns seine Jugendwerke bekannt wären.
Ihm können wir nicht mit Bestimmtheit Werke zuschreiben, die etwa
in seine Jugend fallen könnten, da wir nicht wissen, wie er anfing,
welchen Vorbildern er folgte, wo er Wurzel faßte, und wie er sich zu
einem eigenen Stile durchrang.
Über der Schauthüre der Sebalduskirche befindet sich ein jüngstes
Bericht, das dem Adam Krafft traditionell zugeschrieben und für dessen
Jugendwerk gehalten wird. Christus, zu dessen Seiten je zwei Engel
mit flatternden Gewändern schweben, thront als Richter inmitten der
Apostel auf dem Regenbogen, die Füße auf den Erdball stützend.
Johannes der Täufer und Maria bitten zu seinen Füßen für die Seelen
der Auferstandenen, die auf der einen Seite von Engeln in das Paradies
zeführt, auf der andern von Teufeln in die Hölle geschleift werden.
Unter der Gruppe der Auferstehenden in der Mitte zwischen dem knieenden
Stifter und seinem Wappen ist eine Tafel mit lateinischer Inschrift an—
gebracht, nach der Dr. Hermann Schedel am 8. Dezember 1488 starb.
Durch die Forschungen Wattenbachs) erweist sich die frühere ganz
unbegründete Ansicht, Dr. Hartmann Schedel habe zu Ehren seines
Oheims Hermann 14852) die Tafel gestiftet, als falsch. Vielmehr ließ
Dr. Hermann Schedel die Tafel zu seinem wie seiner Familie Andenken
über der Schauthüre der Sebalduskirche vor diesem Jahre anbringen,
wie aus einem Briefe Dr. Hartmann Schedels hervorgeht.) Heller
führt in seiner Neudörffer-Ausgabe einen „Salvator vor der Ehethür
bei der Sakristei zu St. Sebald“ an. Darin die Schedelsche Denktafel,
wie versucht wurde, sehen zu wollen, ist gleich abzuweisen, da sie sich
nicht bei der Ehethüre, sondern über der Schauthüre befindet. Kann
i) Forschungen zur deutschen Geschichte, 1871, XI, p. 858.
2) Der Todestag muß erst später eingemeißelt sein, wie dies bei Grabdenk—
mälern so oft geschah.
) Doctor Hermannus Schedel artium et medicine doctor, mihi patruus, pro
se et sua familia insigne epitaphium in lapide cum extremo iudicio ornatissime
in cimiterio S. Sebaldi prope minorem ianuam ordinavit. (Wattenbach, Forsch. z. d.
Gesch, 1871, XI, p. 868.) Hierauf folgt die Grabschrift, die von der auf dem
Relief wesentlich abweicht. Da von einem andern Grabstein nichts entdeckt werden
kann, so ist eher anzunehmen, daß der Neffe Hartmann Schedel nur aus seinem
Gedächtnis die Grabschrift anführte und dabei einiges aus eigener Phantasie
hinzufügte, wie das im Zeitalter der Humanisten nichts Ungewöhnliches war.