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„Hans, Du sprichst wie ein welscher Prokurator, für
Dich können Nürnbergs Jungfrauen wohl ihre Herzen
in Hut nehmen.“ „Besonders da ihm die Frau
Musika den Zauberschlüssel zu aller Frauen Herzen
schon an die Wiege hing,“ sagte Hans Sachs, und
hob den Becher zum Trinken, um das schalkhafte
Lächeln, das sich um seinen Mund zog, zu verbergen.
„Aechte Kunst wirbt Frauen-Gunst!“ sprach Herr
Willibald Pirkheimer! „Doch wie dem sei, wenn der
junge Gesell seinem, in dem Herrn seligen Vater folgt,
so hat die Kunst des Gesanges in ihm einen würdigen
Jünger gefunden, und Trost über die Meister, wie
Tonrad Gerla und Hans Frey, die ihr hier gestorben.“
„Ganz gewiß,“ fiel Sachs ein, „aber die welschen
Frauen, unter denen sich sogar noch die heidnische
Göttin Frau Venus herumtreibt, die thun es manchem
jungen Gesellen an, und besonders den Deutschen,
die dort aus Eiszapfen zu Gluthflammen werden,
so daß sie aller Kunst, weß Namens sie sei, vergessen,
und oft sogar des lieben alten deutschen Landes.
Ich kenne hievon gar seltsame Historien.“ „Bei Gott,
da sprecht Ihr wahr, Meister Sachs,“ sprach bedächtig
Meister Hans Meuschel. „Weiß Gott,“ fuhr er fort,
„wie es mir selbst manchmal zu Muthe war, als ich
nach Rom gezogen, um dem heiligen Vater die mir
bestellten silbernen Posaunen zu überbringen. Oft
wenn ich in der Peterskirche mit im Orchester spielte,
und alle die Instrumente und Singstimmen so herrlich
ineinander griffen, und ich selbst von der Allgewalt
der Töne fortgerissen, nicht mehr auf der Erde war,
mußte ich wohl die Augen auf dem Notenblatt halten;
denn schaute ich hinab in die Kirche, wo die schönen