200 v. Schubert, Der Streit über die Nürnberger Ceremonien,
nachher zu den alten Formen zurückkehrte, so war der dem
18. Jahrh. so anstössige Eindruck des Katholizismus allerdings
auf Rechnung der ursprünglichen reformatorischen Bewegung
und ihrer „reifen Überlegung“ zu setzen.
Aber der gelehrte Diakonus bot zwei Angriffspunkte. Ein-
mal, so richtig er den wahren Sachverhalt traf, er vermochte
damals noch nicht seine Hauptthese so zu beweisen, wie wir
es heute können. Es ist erstaunlich, wie wenig man in Nürn-
berg noch von seiner eigenen Vergangenheit wußte. Der so
charakteristische 8 1 seines Versuchs einer nürnberg. Agenden-
geschichte (a. a. O. 714 f.) lautet: „Als N. a. 1524 sich öffent-
lich zu dem Evangelio bekennet uud die päpstische Greuel ab-
geschaffet hatte, ‘wurde freilich wohl eine neue Einrich-
tung des Gottesdienstes gemacht, doch so, daß man in denen
Ceremonien nicht auf einmal alles änderte, sondern wohl die
meisten Kirchengebräuche aus dem Papsttum beibehielte, die nicht
wider die Lehre Christi liefen. Man gedachte also damals noch an
keine Kirchenagenda oder Vorschrift, wie die Ceremonien einzu-
richten wären, sondern hatte mehr mit Verteidigung der ange-
nommenen evangelischen Lehre wider die Papisten zu thun.
Wenigstens finde ich bis a. 1533 keine Spur von einer allge-
meinen Vorschrift der Kirchengebräuche!): ob ich gleich nicht
leugnen kann, daß man in der nürnbergischen Kirchengeschichte
so Viel Nachricht findet, man habe sich die Schriften Lutheri nicht
nur überhaupt lassen anbefohlen seyn, sondern sich, absonderlich
in Ansehung der Ceremonien, nach seinem Vortrag und Gutachten
hauptsächlich gerichtet.“ XEr kann dann von alten Stücken
außer der berühmten Beichtermahnung „Ihr allerliebsten in
Gott etc.“, die er dem Augustinerprior Wolfg, Volprecht zuspricht,
nur das Osiandersche Taufbüchlein in der Ausgabe v. 1529
anführen, das er auf die erste Kirchenvisitation von 15928 zurück-
1) Als eine solche hat, wenigstens für die Stadt, die Ordnung v. 4. Juni
1524 sicher zu gelten, s. meine Ausführungen a.a. 0. Dagegen giebt die
Kirchenordnung v. 1533 den Gottesdienst in den Kirchen der Stadt N.
nicht genau wieder, und ebensowenig V.Dietrichs Agendbüchlein für Pfarrer
auf dem Land. Das wird meist übersehen. Die Lorenzer und Sebalder
Kirche hatten ihre eigenen Agenden. Erst die Ausgabe des Agend-
büchleins v. 1689 gilt für die Pfarrherren in der Stadt und auf dem Land.