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große Zahl allgemeiner Beftimmungen befhränkt wurde,
als er Zunft wurde und IOulmäßig betrieben warb,
als die Meifterfinger die Dichtkunft als ein Handwerk
betrachteten, das man erlernen fonnte, als ihr Snhalt
ausfließlich ernfte, vorwiegend religiöje Betrachtungen
erfüllte, da wurde der Gegenjaß zwijdhen Meiftergefang
und Volkspoefie, die aus dem Herzen quillt und zu
Herzen geht und ganz Natur ift, immer ein]neidender.
Nur hier und da fand fpäter wieder eine Annäherung
itatt, indem die Voltsjänger fidh einige {lichte Weifen
des Meiftergefanas aneianeten.
Städte, wo der deukfde Meiflergefang bfüßhte.
BornehmlidhH in Städten Süddeutfdlands hat der
Meiftergefang geblüht, daneben aud im Often Deutfch-
lands.*) In Augsburg, Mainz, Worms, Straßburg,
Nürnberg, Cßlingen, Freiburg, Ulm, Regensburg, Frank-
furt a/M., Kolmar, Steier, Breslau, Schweidnig, Lem:
berg, Sagan, Görlig, Zittau, Liebau, Kamenb, Prag,
Münden, Danzig, Memmingen und Bajel ward der
Meifltergefang gepflegt, und an vielen Orten beftanden
wirflide Schulen. Keine Meifterfinger gab es in Weft-
falen, ebenfowenig in Pommern, Mecklenburg und
MNiederfadhjen; kein Meifterfinger didhtete in der nieder:
deutfdhen Sprache. Über den Zujammenhang der Städte
des Südens und Oftens, wo der Meiftergejang blühte,
fehlt uns leider ein genügender Anhalt.
Der Meifterfinger hohe Scule /in Mainz; hier war
die erfte und Hauptfhule des deutjdhen Meiftergefangs,
von hier verbreitete er fich immer weiter. Hier werden
noch die alten Minnejänger als Stifter genannt. Bon
der Mainzer Schule muß daher die Erkenntnis des
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1) Bergl. X. €. Schröder, Meifterfinger in Öfterreich (Ser:
maniftildde Studien 1875, 2, 197—273).