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seiner „Wandersregeln“! (1618, S. 382), der zugleich für die Art,
wie Vogel über die Dichtkunst denkt, lehrreich ist:
‚Thu einr Verlag, ich Dicht so viel,
Mit GOtts Hülff, als er haben wil,
Sol ein Hans Sachsen an mir kriegn,
Jetzt thu ich noch gar öde liegn,
Schreib mir einr ein Materi zu,
Er sol erfahren was ich thu,
Die Koln liegn noch verborgen gar,
Unter der grawen Aschn fürwar,
is möcht wol mancher Poet sonst.
Mir uberlegen sein mit Kunst,
Die achtsilbign Carmen hart,
Zu zwingen auff Poetisch Art,
\br den Theologischen Sinn,
Ungezwungen zu geben drinn,
Sampt der Erfahrung mancherley,
Da schafft die Kunst gar wenig bey.
Sondern die Gaben GOttes schon,
Müssen solchs alles wircken thon,
ch ließ zwar manche Silben lauffn,
Daß ich nicht Carmen braucht mit hauffn,
Nie auch theils Silben sind versetzt,
So wol manch Wort, welchs doch nicht letzt
Jas Werck, es müst ein schön Kleid seyn,
Welchs wer ohn allen Mackel rein,
Jab ich den Sinn auf meiner Seit,
So gebn die Wort noch Silbn kein Streit,
Man acht das Goldt viel höher gar,
Denn das Gefeß darin es war.“
Vogel war bis in das 18. Jahrhundert hinein bekannt, Gott-
sched stellt ihn in der Gedächtnisrede auf Martin Opitz (gehalten
1739) neben Hans Sachs, Ringwaldt und Rollenhagen.? Derartigem
Aneinanderreihen von Namen ohne tiefere. aus den Werken der
ı Die Wandersregeln erschienen zu Jena 1617—18.
? Gesammlete Reden. Leipzig, 1749. 8. 9204.