_ 34
oder mehreren Schlußftolen, Die Stollen beftanden
aus etlidhen Zeilen, die eine gleihe Silbenzahl haben
mußten und wurden gewöhnlidH am Ende mit einem
Rreuze bezeidhnet. Die Versart, in welcher ein foldher
Bar abgefaßt war, hieß das Gebäude und mit der
Melodie, nach der er in der Schule abgefungen wurde,
der Ton. Der Abgefang Hatte eine andere Melodie
als die Stollen. Die Meifterfinger beobadteten in ihren
Qiedern allein die Zahl der Silben; ob fie Kurz oder
fang waren, war ihnen gleid. Sechs bis fieben ver:
jiedene Arten von RNeimen gab es: Stumpfe, flingende,
flingende Schlagreime, Waijen, Laufen, Körner oder
Rrönlein und ftumpfe Schhlag-Reime.,
Der Kein durfte 1—12 Silben haben; erft |päter
itieg die Zahl, z. B. bei Hans Schreyer, auf fünfzehn.
Sehler in der Neimen nannte man „Lafter‘“. Man
unterfchied ein gefpalten Lafter, eine Differenz, eine
ge[paltene Differenz, JHnurrende Reime, Rlebfilben, Milben
(Röngin ftatt Königin) und heimlidH Nequivoca (3. B.
jagen und zagen). Jeder Fehler wurde gefiraft, worüber
25 Strafartifel und 7 Schärfftrafen vorhanden waren.
Die meiften in der Tabulatur gebrauchten Kunfiaus-
drücke find bisher noch nicht erflärt worden; viele find
vom Bauen hergenommen, wie auch einige Meifjter ich
allegorijde Namen Dbeilegten. Statt Par, wie die
Kolmarer Liederhandfhrift fajt durchweg fOhreibt, findet
fi häufig „Bar“ gefdhrieben; nah Srimm {ft das
Wort Jädhlidhen Sefdhledhts. Wie das Wort Lied, be:
zeichnete wohl audy Par urfprünglidhH ein Gefäß und
dann die Gejamtheit der SGejäge des Meijltergejanges.
Yebes Meifterfingerlied hatte feinen Ton.!) In der
1) Bergl.: „Über die mufikalifche Bildung der Meifterfinger.“
Bon S, SJacobsthal. BZeitfhr. für deutidhde Altertumskunde
20, 69—91).