Volltext: Fürth in Vergangenheit und Gegenwart

279 
hohen Grad. Der unter fast täglichen fürchterlichen Gewittern vorüberge— 
gaugene Sommer 1816 war außerordentlich naß und zog überall Miß— 
wachs an Getreide, Kartoffeln, Rüben und Gartenfrüchten nach sich. In 
manchen Gegenden hatte man noch Aussichten zu einer mittelmäßigen Ernte, 
allein auch diese letzten Hoffnungen wurden größtenteils durch Hagelschlag 
ganz vernichtet, was auch in der Nähe von Fürth der Fall war. Kurz 
Zor'der Ernte wurden am 5. August die Fluren von Roßstall, Zirndorf, 
Altenberg, Gebersdorf, Großreuth, Röthenbach und Schweinau vom Hagel— 
schlag verwüstet. Die Ernte fiel daher sehr schlecht aus und die Teuer⸗ 
ung eilte mit schnellen Schritten herbei. Die Getreidepreise stiegen von 
Tag zu Tag bis zur Ernte 1817. In dieser Leidensperiode ließ König 
Maͤrimilian J. zum Besten der Armen aus herrschaftlichen Speichern mehrere 
Hundert Scheffel Korn und Gerste zu sehr geringen Preisen abgeben. 
Auch schossen wohlhabende Einwohner, Christen und Israeliten, eine be— 
deulende Summe zusammen und führten dafür große Quantitäten dog— 
gen aus den Ostseeprovinzen und anderen entfernten Gegenden herbei, wo⸗— 
daus wohlfeileres Brot gebacken und dadurch der drohenden größeren 
Gefahr einigermaßen abgeholfen werden konnte.“ Am 3. März 1817 
kam das erste russische Getreide an. Die Teuerung verursachte der 
Stadt 54091 fl. Schulden. Zur Deckung derselben genehmigte die Re— 
gierung 1819 die Erhebung eines Getreideaufschlags. 
„Die Ernte von 1817 fiel reichlicher und gesegneter aus, als an— 
fangs zu erwarten war. Bange Sorgen für eine noch traurigere Zukunft 
berschwanden und der Menschheit ward gleichsam ein neues Leben wieder 
gegeben Der neue Erntesegen erzeugte überall frohe Gemüter, denn er 
brachte die hohen Getreidepreise so schnell herab und vereitelte dadurch die 
schon aufs neue gemachten Spekulationen der gefühllosen Wucherer. Das 
Korn trieb auf vielen Äckern gegen 8 Schuh hohe Stengel, es gab Ahren 
von sieben bis acht Zoll Laͤnge. Häufig fand man drei, vier und fünf 
Ahren an einem Stengel, häufiger aber waren die von zwei Ahren. Eine 
Kornähre, die noch dreizehn Seitenähren heraustrieb, wurde als eine seltene 
Naturmerkwürdigkeit aufbewahrt. 
„Am 18. Juli dieses gesegneten Jahres wurde das —B 
gemeiner Teilnahme und Rührung auf eine höchst feierliche und der ge— 
wichenen Not würdige Weise in hiesiger Stadt begangen. Achtzehn junge 
Mädchen und ebenso viele Knaben im lieblichen Kostüme als Schnitterinnen 
und Schnitter, letztere kleine Korngabeln und erstere niedliche Sicheln tra— 
gend, zogen an diesem Tage unter der Leitung eines Polizeibeamten und 
von saͤmtlichen Viertelsmeistern angeführt, mit blasender Musik durch die 
Stadt nach dem Acker hin, wo der mit der ersten Kornfrucht hoch beladene, 
sechsspännige Erntewagen reich geschmückt mit Blumenguirlanden, Kränzen 
und passenden Inschriften schon in Bereitschaft stand. Hier hoben Mäd— 
chen und Knaben die aufgestellten mit grünem Band umwundenen und mit 
Rosen besteckten kleinen Garben auf und führten nun bei Abfeuerung der 
Kanonen den stattlichen Wagen feierlich zur Stadt. Am Eingang dersel⸗ 
ben wurde der Zug von allen hiesigen koͤniglichen Beamten, von der Geist⸗ 
lichkeit und der Munizipalität empfangen, mit türkischer Musik und dem
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.