Volltext: Fürth in Vergangenheit und Gegenwart

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Diese große Teuerung und Hungersnot hat in Frankreich ange— 
fangen und sich gleich als Gottesstrafe, wie ein Flugfeuer ausgebreitet 
nach Würtemberg, Franken, Osterreich, Ungarn und Böhmen. Wir un— 
seres Ortes haben mit schweren Geld und Kosten sowohl aus dem Bam— 
bergischen als auch aus Sachsen Getreide erhalten. Es ist auch Getreide 
von Danzig, sogar über See nach Holland und nach Nürnberg durch Kauf— 
leute geschafft worden. Die Leute hier haben wilde Wegwarte, Kümmel⸗ 
wurzeln, Brennesseln, Waidkraut anstatt des Zugemüses gekocht und ge— 
gessen, da dann die Menschen aufgeschwollen und viele gestorben sind. Es 
hat sich eine Seuche und Krankheit eingefunden, daß sogar die Reichen, 
welche doch Lebensmittel hatten, mit samt den Armen viele Hunderte weg— 
genommen. Kein Medikus hat ergründen können, wie dieser zu wider— 
stehen. Sie hat sich mit Hauptweh angefangen und dann mit Hitz und 
Frost. In unserem Armenhaus ꝛc. sind nur allein in diesem Jahrgang 
70 Personen verstorben. Die Leichenpredigten sind zum öfteren 4, 5 auch 
8 Tage aufgeschoben worden, der Nachtleichen gar nicht zu gedenken. Es 
sind bei Nachtzeit Menschen auf Schubkarren oh e Truhe herbei und auf 
den Friedhof nur hingelegt worden. 
Die Leute litten 8, 4 oft 5 Tage Hunger und mußten Stoppeln, 
Unkraut ꝛc. verzehren. Erhielten sie Brot, so verschlangen sie es so heiß, 
wie es aus dem Ofen kam, was ihr leerer kraftloser Magen nicht ver— 
tragen konnte. Ansteckende Krankheiten, Geschwulste, hitzige Fieber rafften 
über 1000 Menschen hin. kein einziges Haus in Fuaͤrth blieb hievon 
verschont.“ — 
Am 29. August 1772 erließ die markgräfliche Regierung ein Ver— 
bot dahin gehend, daß die Unterthanen ihr Getreide nicht mehr in die 
Schranne nach Fürth, sondern in die nach Ammerndorf bei strenger Ahn— 
dung schaffen mußten. Hiegegen protestierte die Gemeinde Fürth, auf ihre 
Privilegien, Schutz- und Marktrechte sich berufend. Dieses Verbot unter— 
grub noch mehr den Wohlstand Fürths, als dies durch die vorhergegangene 
Teuerung geschehen war. 
Die Häuser waren ihren Besitzern zur Last, weil sie nicht im Stande 
waren, die Interessen der Hypotheken zu entrichten. s der Häuser waren 
feil. Häuser, die 8—ÿ10000 fl. zu erbauen kosteten, in der „Feuerasse— 
kurationskasse“ um 6—7000 fl. eingeschätzt und ehemals um 12 14000 fl. 
verkauft wurden, mußten um 4-25000 fl. abgegeben werden, trotzdem fan— 
den sich oft sehr wenige Käufer, denn die Zinswohnungen, welche vorher 
kaum zu bekommen waren, standen leer. Seit dem Getreideverbot waren 
700 Familien ausgewandert und ca. 1000 Menschen an der Seuche ge— 
storben. Die Handwerker waren nicht imstande, ihre Innungsauflagen zu 
entrichten, nicht der hundertste Teil der Gemeinleute und Inwohner ver— 
mochte die Gemeindeumlagen abzutragen. Die Gemeinde ftürzte sich zur 
Unterhaltung ihrer notleidenden Gemeindeglieder so in Schulden, daß sie 
sich nimmer zu retten wußte. Dadurch aber, daß sie um alle ihre Im— 
munitäten und Freiheiten kommen sollte, verlor sie auch allen Kredit und 
konnte kein Geld mehr auftreiben. — 
Die große Teuerung von 1816 auf 1817 empfand auch Fürth im 
—*
	        
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