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arbeitsanstalt geschafft. Durch diese Maßregeln verschwand bald auf den
Straßen und Plätzen der bisher genossene Anblick. Man wurde nicht mehr,
wie dies bisher in ausgedehntem Maße der Fall war, von den Bettlern in der
zudringlichsten Weise belästigt. Konskribierte Arme gab es 1820 274, im
Spital befanden sich 57. An freiwilligen Beiträgen gingen ein 769 fl.,
an Almosen wurden 8325 fl. verteilt.
Schon um 1709 suchte man dem Betteln der Handwerksburschen
durch Einsammlung von Beiträgen, mit welchen die Durchreisenden unter⸗
stützt wurden, abzuhelfen.
Das S. 228 erwähnte „Armeninstitut“ hatte von 1785-90
eine Gesamteinnahme von 34989 fl.; 179091 eine solche von 53327 fl.
und zwar: 4564 fl. freiwillige Beiträge, 95 fl. Geschenke bei Hochzeiten ꝛc.,
34 fü. Opferstöcke, 510 fl. sonstige Geschenke ꝛc. Von der Einnahme er—
hielten 315 fl. reisende Handwerksburschen, 4490 fl. hiesige Arme, 238 fl.
die Bettelvögte und Einsammler für ihre Müůhe ꝛc.
Am 18. Oktober 1820 veranstaltete man eine Sammlung, mit deren
Erlös im Betrage von 160 fl. die Armenkin einem Gasthause gespeist wurden.
Im Anfange des gegenwärtigen Jahrhunderts bestand dahier noch die
Privatarmenanstalt, welche sich später damit befaßte, in der Winterzeit
sogenannte Rumforder Suppe und Brot, später auch Holz an arme Leute
zu verabreichen. Am 5. Dezember 1808 wurde die erste Suppenverteilung
vorgenommen. Dieses Unternehmen wurde staatlicherseiis durch Abgabe
von Getreide und Holz unterstützt Im zweiten Jahrzehnt fand eine Um⸗
wandlung der jährlichen Naturalabgabe in einen baren Beitrag von 400 fl.
statt, welcher seit dem Jahre 1820 zur allgemeinen Armenkassa gezogen
und bis 1871 unbeanstandet fortgeleistet wurde. Im Jahre 1872 wurde
dieser Beitrag, als nicht auf einer Rechtspflicht des Staates beruhend, ein⸗
gezogen.
Mit dem 1. Juli 1869 trat das Gesetz über öffentliche Kranken—
und Armenpflege vom 29. April 1868 in Wirksamkeit, und es hätte
von diesem Tage an die Vereinigung der bis dahin getrennt verwalteten
christlichen und jfraelitischen Armenpflege erfolgen sollen. Infolge Über⸗
einkommens, und auf Grund Art. 17 des Gesetzes, wurde aber bestimmt,
daß bis zum 1. Januar 1870, dem Tag der Neubildung des Armen—
pflegschaftsrates, beide Armenpflegen noch getrennt behandelt werden sollen,
wogegen der israelitischen Kultusgemeinde, wie bis dahin, der 7. Teil der
erhobenen Armenumlage für das Jahr 1809 mit 4445 fl. hinausver⸗
gütet wurde
Nachdem im Jahre 1872 die Fälle sich häuften, in welchen Fami⸗—
lien wegen Mangel an Wohnungen kein Unterkommen fanden, wurde vom
Armenpflegschaftsrat unter Zustimmung des Magistrats und der Gemein—
debevollmaächtigten beschlossen, das Feuerhaus am Heckisch in ein Asyl für
Obdachlose umzuwandeln, den Gelobedarf durch Aufnahme eines mit
40/0 zu verzinsenden Anlehens bei der Sparkasse zu beschaffen und diese
Schuld vom 1. Jannar 1878 an in jährlichen Raten von 1000 fl. in
Hauptsache und Zinsen abzutragen. Die Kosten des Asylbaues beliefen
uch auf 4766 fl. und wurden teilweise aus den laufenden Einnahmen bestritten.