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Sünftes Kapitel.
desgleichen sitzet auf den Paletten noch der ganze Unrat! Und
der Estrich — ei du loser Gesell, warum hast du den Besen
noch nicht zur Hand genommen? Achhtest du dich solchen Dien—
stes für zu gut, oder ist es deine Trägheit, die dich deine
Pflicht versäumen lässet?“
Damit gab er ihm einen neuen Stoß in die Weiche und
strich ihm mit einem schnell ergriffenen Stecken dreimal den
Rücken.
Albrecht biß die Zähne zusammen und schwieg. Er hatte
sich an diese Art der Behandlung schon gewöhnt. Vier der Ge—
ellen des Meisters waren ihm von Anfang an mit finsterm
Gesicht und hartem Wort entgegengekommen, well sie die geistige
Überlegenheit des an Jahren viel jüngern alsobald erkannt hatten.
Nur einer, der Sebald, war ihm freundlich gesinnt, der stand
hm im Alter näher und war selbst noch Lehrbube. Zu ihm
hielt sich nun der Albrecht, mit ihm saß er in der freien Zeit
hiel zusammen, an seiner Seite pflegte er des Sonntags vor
dem Thor der Stadt zu lustwandeln, und gern vernahm er den
tröstlichen Zuspruch des gutherzigen Burschen.
Noch größerer Trost aber war ihm das Wohlwollen seines
Meisters. Michel Wolgemut war, als Albrecht zu ihm in die
Lehre trat, ein Mann im Anfang der fünfzig. Aus dem läng—
lichen Gesicht mit der hochgewölbten Stirn, der scharf gebogenen
Nase, den großen klaren Augen, dem breit vorspringenden Kinn
und dem feingeschnittenen, von freundlichem Lächeln umspielten
Mund sprach ebenso viel Klugheit als Mannhaftigkeit und Her—
zensgüte. Meister Michel war ein gerader, biederer, ehrenfester
Charakter, hoch geachtet in der Stadt Nürnberg um seiner Kunst
willen und weithin im Land berühmt.
Es war ihm nicht möglich, die vielen von allen Seiten
eingehenden und reichen Lohn eintragenden Aufträge allein zu