Volltext: Albrecht Dürer

Kastor und Pollux. 
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Damit fuhr sie ihm streichelnd über das weiche Locken— 
haar und war ihm selbst behilflich, das Gefährt zu er— 
klimmen. 
Wie hätte sie ihm auch gram sein können, dem lieben, 
holden Knaben, dem alle Welt gut war! Ihr angeerbter Ge— 
schlechterstolz, der sich wohl sonst gegen den vertrauten Umgang 
ihres Sohnes mit einem Knaben aus dem Handwerkerstand ge— 
sträubt haben würde, kam hier zum Schweigen, und sie duldete 
nicht bloß den Verkehr ihres Wilibald mit dem Sohn des Gold— 
schmieds, sondern hatte gar ihr heimliches Wohlgefallen daran, 
da sie den heilsamen Einfluß gewahrte, welchen der stille, sanfte, 
sinnige Albrecht auf ihren wilden, trotzigen, leidenschaftlich er— 
regten Knaben übte. Oftmals hatte sie unbeobachtet dem Spiel 
der beiden zugeschaut und sich gesegnet, daß sie in der schwie— 
rigen Aufgabe der Erziehung ihres unbändigen Knaben einen 
Gehilfen bekommen hatte. Merkwürdig, wie sich der ungestüme 
Wilibald von dem sanftmütigen Albrecht leiten ließ, obwohl er 
um ein halbes Jahr älter war als sein Spielgesell, und wie 
gut er sich mit ihm vertrug, während seine ältern Schwestern 
ihre liebe Not mit ihm hatten und oftmals Ursach fanden, kla— 
gend über den Starrkopf vor den Eltern zu erscheinen. Aller— 
dings war der Wilibald als der einzige, sehnlichst erwartete 
männliche Sproß des Geschlechts von den Eltern mit etlicher 
Nachsicht behandelt worden, daß ihm manches durchgesehen und 
nachgelassen ward, was unter andern Umständen wohl hart ge— 
rügt worden wäre. 
Die beiden Knaben hatten auf Wilibalds Bitte ihren Platz 
neben dem Wagenlenker erhalten und plauderten tapfer drauf 
los. Auch Frau Barbara war guter Stimmung: der herrliche 
Maientag und die prangende Natur weiteten ihr das Herz zu 
inniger Freude, und so stimmte sie leise mit ein in das Lenzes—
	        
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