Full text: Albrecht Dürer

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Sweites Kapitel. 
„Ich achtete im Spielen nicht der Zeit,“ versetzte der 
Knabe leichthin, indem er sich das üppige Haar von der Stirn 
strich. „Auch deuchte es mir lustiger, mit Albrecht Armbrust zu 
schießen, als im Wagen zu sitzen.“ 
„Bist ein thörichter Knabe und ein ungehorsamer dazu!“ 
eiferte die Mutter. „Habe ins künftige besser auf den Willen 
deiner Eltern acht! Und nun tausche flugs dein Kleid und 
folge uns alsbald zum Wagen.“ 
Der Knabe stand unschlüssig und sah die Mutter halb ver— 
drossen, halb bittend an. „Halbe Freude nur ist mir die Fahrt, 
wenn der Albrecht nicht zu meiner Rechten sitzet.“ 
Frau Barbara wollte auffahren, zähmte aber den Zorn 
und fragte: „Wo ist der Albrecht?“ 
„Er harret unten an der Thür,“ versetzte Wilibald. 
Die Mutter mußte lächeln über die Energie ihres Söhn— 
leins, in welchem frühe schon die hervorragende Charaktereigen— 
schaft des Vaters sich verriet, denn durch seine unbeugsame 
Willensstärke und Manneskraft hatte Herr Johann Pirkheimer 
es hoch hinaufgebracht in zeitlichem Besitz und Ehre bei den 
Menschen. 
Unten angekommen fand sie ihren Wilibald, der in aller 
Geschwindigkeit ein anderes Gewand übergeworfen hatte, neben 
dem Albrecht, Meister Dürers Söhnlein, in dessen Mienen 
Scheu und Verlegenheit sich malte, indem er nicht wußte, 
welchen Empfang er bei seiner Zudringlichkeit von seiten der 
Frau Barbara haben werde. 
Doch klärte sich sein Gesicht schnell wieder auf, da er den 
gütigen Blick in den Augen der Frau sah und aus ihrem Mund 
die freundlichen Worte vernahm: „So steig nur auf, Pollux, 
und sitze neben deinem Kastor! Ihr beide möget einmal nicht 
pvon einander lassen.“
	        
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