Volltext: Albrecht Dürer

Des Meisters Heimgang. 
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Wohl thut mir's weh hier an dem alten Fleck in der Weiche, 
aber was sind meine Schmerzen gegen seine!“ 
Frau Agnes wischte ihm mit einem Schweißtüchlein die 
feuchte Stirn und hauchte einen Kuß darauf. Dann fragte sie, 
ob sie ihm nicht von dem Labetrunk reichen solle, den sie ihm 
bereitet hatte. 
Dürer nickte und netzte die trockenen Lippen mit dem er— 
quickenden Naß; dann seufzte er: „Warum doch der Arzt so gar 
lange verziehet!“ 
Frau Agnes meinte, er wisse ja nichts, sie wolle aber nach 
ihm schicken. 
Bald war der Gerufene zur Stelle, fühlte dem Kranken 
den Puls und betrachtete ihn mit besorgter Miene: das Wechsel— 
fieber, welches den Meister seit Jahren geplagt, war wieder da, 
und die Milz war höher geschwollen denn sonst. 
Er verordnete eine Mixtur, welche die Magd alsbald aus 
der Apotheke holen mußte. 
Sie schien dem Kranken gut zu thun: er verbrachte den 
Tag unter geminderter Beängstigung, und sonderbarerweise fiel 
gegen Abend auch das Fieber, welches doch um diese Zeit zu 
steigen pflegt. Der Kranke wandte sich nach der Wand herum 
und entschlief. 
Vier Stunden lag er so ganz still mit tiefen, regelmäßigen 
Atemzügen, dann richtete er sich plötzlich auf und sprach mit 
eigentümlicher Betonung: „Morgen ist Karfreitag — an einem 
Karfreitag ist der göttliche Raffael gestorben.“ 
Frau Agnes erschrak bis in das innerste Herz und sprach 
ihm beschwichtigend zu. 
„Wie lange ruhet er doch schon in der Erde?“ fragte 
Dürer dann, als hätte er von den Worten seines Weibes nichts 
vernommen.
	        
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