Volltext: Albrecht Dürer

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Dreißigstes Kapitel. 
ergriffenen Herzen gekommen, sondern dem Wahn entsprungen 
war, Luther sei der Humanisten einer und sein Kampfgenosse 
gegen die Unwissenheit und den Aberglauben der Zeit, er habe 
im Protestieren den einigen Zweck seines Auftretens. In seiner 
Glückseligkeit, das neue Testament in deutscher Sprache zu be— 
sitzen, war er mit dem Buch zu Pirkheimer geeilt, aber ent— 
täuscht und betrübt wieder heimgekehrt, da er die Gleichgültig— 
keit bemerkt hatte, mit welcher der Freund den himmlischen 
Schatz ansah. 
Aus dieser Betrübnis war er aber wieder erweckt worden, 
und seine Seele hatte laut aufgejauchzt, als sein Mitbürger, 
der Meistersinger Hans Sachs, sein herrliches Lied von der 
wittenbergischen Nachtigall hatte ertönen lassen, das wie ein 
Wächterruf durch die Welt schallte und von den Schlafenden 
noch viele erweckte. 
Auch das war ihm eine Herzerquickung und rechte Glaubens— 
stärkung gewesen, was er von dem Prior des Augustinerklosters 
in Antwerpen, der ihm so freundlich begegnet war, vernommen 
hatte, daß derselbe, um des Evangeliums willen eingekerkert 
und zum Feuertod verurteilt, wie durch ein Wunder entron— 
nen und glücklich gen Wittenberg gekommen sei, welchen Weg 
dann auch sein Amtsnachfolger Heinrich von Zütphen genommen, 
den die Schergen von der Kanzel, die Bürger aber aus dem 
Kerker gerissen hatten. Und nicht minder war sein Herz im 
Glauben befestigt worden durch den Zeugenmut der zwei Brüsse— 
ler Mönche, Heinrich Voes und Johann Esch, welche, andern 
Abtrünnigen zur Beschämung, mit Freudigkeit ihr Leben auf dem 
Scheiterhaufen gelassen hatten für das Evangelium. — — 
Nun also saß der Meister Dürer über der deutschen Bibel 
und las und konnte nimmer genug bekommen. Wohl haͤtte er 
das Wort Gottes schon in deutscher Sprache gelesen in der
	        
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