Volltext: Albrecht Dürer

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Sünfundzwanzigstes Kapitel. 
der eignen, von Alter und Reisestaub unscheinbar gewordenen 
vor dem Legaten des heiligen Vaters nicht hätte sehen lassen 
können. 
Weiter erzählte man, daß Link sich ihm zum Geleitsmann 
gen Augsburg erboten habe und vor einer halben Stunde mit 
ihm von dannen gezogen sei. 
„Und wie war er, der Doktor Martinus?“ fragte Dürer 
begierig. 
Der Prior schwieg einen Augenblick und sah zur Erde, dann 
erwiderte er: „Wie soll ich das mit Worten sagen? Vorerst 
erschrak ich, da ich ihn daherkommen sah, über die hohlen, blei— 
chen Wangen und meinete, darunter arbeite der Tod. Da wur— 
den sie mir sichtbar, die Folgen seiner Selbstkasteiungen im Er— 
furter Kloster, davon mir erzählet worden war. Doch da ich 
eine Augen sah, da ward ich schier geblendet. Meister Dürer, 
wo Ihr diese Augen sähet, Ihr würdet alsobald sagen: das ist 
ein Mann Gottes, ein Prophet des Höchsten! Und wo Ihr 
diese Augen malen solltet — Ihr seid ein geschickter und hoch— 
gepriesener Meister, aber diese Augen und das Leben, so daraus 
leuchtet, auf die Leinwand zu bringen, das würdet Ihr nimmer— 
mehr vermögen. Sie stehen immer noch vor mir, diese großen, 
dunklen, tiefen Augen, ich meinete, er könne einem damit bis 
auf den Grund der Seele schauen. Und dazu seine Stimme, 
seine Rede — just so denke ich mir den Elias, den Vropheten 
Jehovahs.“ 
„Und wie sprach er über seinen Gang gen Auasburg?“ 
fragte Dürer weiter. 
„Er war auf alles gefaßt“, erwiderte der Prior. „Er sah 
voraus, daß er werde geopfert werden, daß pädstliche List sich 
seiner bemächtigen und ihn nach Rom schleppen werde; den— 
noch gehe er getrost im Namen Gottes, der auch, wenn er
	        
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