Full text: Albrecht Dürer

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Dreiundzwanzigstes Kapitel. 
Satanas ihm sein Werkzeug zerschlägt? O, mehr und immer 
mehr möchte ich von Luther hören und mich von ihm in alle 
Wahrheit führen lassen. Denn jetzund bin ich noch wie einer, 
der lange im Finstern gesessen und mit geblendeten Augen an 
dem hellen Tage hilflos tappt.“ 
Kaspar Nützel, welcher bisher in schweigendem Nachdenken 
dagestanden, reckte sich jetzt schnell in die Höhe und sprach: „Der 
Luther hat in einer fremden Zunge geredet, denn er hat's zuerst 
nur auf die Gelehrten abgesehen. Aber seine Predigt ist für 
das ganze Volk — was gilt's, ich komme ihm zu Hilf und lasse 
sie deutsch ausgehen!“ 
Die Herren riefen dem Sprecher lauten Beifall und dräng— 
ten ihn, womöglich heute noch an die Arbeit der Übersetzung 
zu gehen. — 
Nützel saß die ganze Nacht hindurch an seinem Tisch und 
schrieb, daß die Feder knarrte. Am andern Morgen war sein 
erster Gang zu Herrn Anton Koburger dem Drucker, und etliche 
Tage später hieß es in Nürnberg: „Die Ablaßthesen Martin 
Luthers sind deutsch da!“ 
Nun strömte es in Massen nach der Druckerei, und der 
Vorrat war im Umsehen vergriffen. 
In den Häusern, in den Trinkstuben, an den Brunnen, 
in den Werkstätten ward die folgende Zeit von nichts weiter 
geredet als von dem Wittenberger Mönch und seinen Ablaß— 
thesen, und die Bewegung schlug immer höhere Wellen, als das 
fahrende Volk von allen Seiten die Kunde brachte, daß der 
Luther mit seiner Predigt im ganzen Reich ein Feuer entzündet 
habe. Wenzel Link aber, der Augustiner, that nun auf der 
Kanzel noch lauter und freimütiger den Mund auf, und das 
gesamte Klostervolk nahm für seinen Ordensbruder in Witten⸗ 
berg Partei. —
	        
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