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jagt, daß bei diefer Sitte die Leute fid) weit weniger,
mie heutzutage verfchluckt haben.
Am Nachmittage, nach Beendigung des Feftfhmaufes,
Segab fih das ganze Bolingerfhe Haus auf den Marfch
nach der im äußerften Norden der Stadt gelegenen Burg,
Die Pegnig teilt Nürnberg in zwei fajt gleide Hälften,
welche bereit? damals wie jeßt nach den Heiden großen
Sauptkirchen die Sebaldus- und die Lorenzofeite genannt
wurden, Das Pollingerfdhe Haus Iag in der Pfannen
[hmiedegaffe gerade an dem der Burg entgegengefeßten
Ende der Stadt, und e& war ein tüchtiger Weg, den
alle von der Lorenzofeite aus zu machen hatten. Aber
niemand mochte fehlen. Denn der Nat Hatte al® be
Tondere Feier angeordnet, daß zur Begrüßung des heim
gefehrten Fähnleins die ftädtijdhe Mufik an zweien Pläßen
bis zum Sonnenuntergang auffpielen folle, nicht zum
öffentlidjen Tanz, der bei ehrfamen Bürgern nicht derart
beliebt war, fondern zum Luftwandehnt und allerlei fröhlicher
Begegnung mit‘ den Bekannten. Den einen Feltplags bil-
bete der Hof auf der Burg, die vor 50 Yahren den nach
Brandenburg ziehenden Burggrafen von Zollern vom Rate
unt eine gute Summe von Soldaülden abgekauft war.
Dort ftand eine uralte Linde, welde vor faft 500 Yahren
Kunigunde die Heilige, Gemahlin Kaifer Heinrichs IL.,
eigenhändig gepflanzt Haben follte, und unter ihrer breiten
Caubkrone hatten die Stadtpfeifer, damit ihnen die Sonnen:
ftrahlen die Blehrohre nicht zu heiß machten, Stellung
genommen. Gerade als der Zug der Pollingerfchen Leute
im dichten Volksgewühl den Mauerring erreichte, hHuben fie
eine frifjhe, Fräftige Weife an. Beter Hele fchritt unmittel=
bar hinter der Familie des Meifter8, und, wie er die
Mufikbande erfah und blafen hörte, in der fein Vater