3
Prior Volprecht, nach Heidelberg entsandt. 85) Das eigent—
liche Kapitel hatte nichts Besonderes zu erledigen: Staupitz
wurde wiedergewählt, die Distriktsvikare bestimmt, kurz alle
sonstigen Geschäfte vollzogen. Was der Versammlung ein
allgemeines Interesse gab, war der Inhalt der Disputation
des zweiten Tages und der Disputator Cuther. Die Dis—
putation und ihre Vedeutung für mehrere damalige heidel
berger Studenten ist bekannt. Mehrere Tage hielt man
sich noch in Heidelberg auf und in der That im vertrauten
Kreise, zwischen Staupitz, Luther, Linck und Lang,
gab es gar viel zu verhandeln. Wohl konnten sich Staupitz
und Linck, als sie den Bruder Martinus mit der ganzen
Vollkraft seiner ÜUberzeugung und seines Geistes die Irr—
tümer der herrschenden Theologie darzuthun hörten, sagen,
daß aus diesem sprudelnden Quell bald neue Geisteswasser
strömen würden und die von ihm bereits verursachte Be
wegung erst im Anfangsstadium begriffen sei. Was sie in
den folgenden Jahren so oft versucht, die Ermahnung zu
Maß und Milde mußte sich auf ihre Lippen drängen. Die
Opposition war schon gegeben, auch ein Freund, Trut—
vetter, hatte nicht unterlassen, Luther zu kritisieren; 860)
der in den dunklen Gängen der Rurie durch vielseitige
eigene Einsicht wohl bewanderte Vikar sah die baldige
Verwicklung 'mit Rom voraus, die Stellung des ganzen
Ordens war gefährdet, bereits hatte sich eine wichtige
AÄnderung vollzogen. Des Vikars Freund, der humanistische
AÄgidius von Viterbo war Kardinal, Gabriel Venetus
Ordensgeneral geworden. Noch mochte man nichts von
den an diesen ergangenen Machinationen des Papstes wissen,
aber Staupitzens Brief vom Ende März läßt doch schon
tiefe Besorgnis erkennen. 87) Allein die Liebe zur Wahrheit