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schwören und den Gegensatz zu verschärfen. Ferner stimmten
Nachrichten, welche aus Wittenberg herüberkamen, das
Reichsregiment anfänglich ganz ungünstig gegen die neue
Lehre. Es handelte sich um die bekannten Unruhen, die
sich vorzüglich an Gabriel Zwillings und Karlstadts Namen
knüpfen und ihren Ursprung in den Reihen der wittenberger
Augustiner hatten. Der Generalvikar, der sich wieder in
gewohnter Weise dem Predigtdienste widmete, 32) hörte durch
einen besonderen Boten des wittenberger Priors Held von
den Vorgängen. 83)
Am Schlusse des letzten Kapitels wiesen wir bei der
Erwähnung der Schrift an den Adel auf den neuen und
folgenschweren Gegenstand hin, welchen Luther mit der
Polemisierung gegen Mönchsgelübde und Cölibat in den
Kampf hineinwarf. Die Schrift vom babylonischen Gefäng⸗
nis verbreitete sich weiter über diese Punkte und verwarf
ferner das Meßopfer und die Verweigerung des Kelches
Die praktische Konsequenz mußte notwendig bald der syste—
matischen Deduktion folgen. Cuther bebte keineswegs vor
den Folgen seiner evangelischen Darlegungen zurück, allein
für eine gesetzmäßige und ruhige Durchführung war er
besorgt. In seiner Abwesenheit sollte nun Wittenberg
das Alarmsignal geben. Karlstadt hielt, gespornt durch
seinen Ehrgeiz, die Seit für passend, die herrschende Be—
wegung zum offenen Ausbruch zu bringen und sich dadurch
wieder einmal in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses
zu setzen. Am 19. Juni veranstaltete er eine Disputation
über das mönchische Cölibat, deren Thesen er am 24. Juni
in der Schrift „Von gelubden vnterrichtung“ ausführte.
Während Luther in der Cöõlibatsfrage scharf zwischen priester⸗
lichem SZwangsgesetz und freiwilligem Mönchsgelübde unter⸗