Volltext: Albrecht Dürer

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Sünftes Kapitel. 
Einen bessern Lehrmeister konnte Albrecht Dürer wahrlich 
nicht wünschen. Zwar was man regelrechten, methodischen Unter— 
richt nennt, das war bei ihm nicht zu finden: er beschränkte 
sich darauf, es seinen Gesellen und Lehrlingen vorzumachen und 
sie auf seine Hand sehen zu lassen. Aber bei dem Albrecht war 
das auch vollauf genug, und als er noch auf der Stufe des 
geringsten Knechtes stand, dem es zukam, Handlangerdienste zu 
thun, Farben zu reiben, Pinsel auszuwaschen, Paletten zu rei— 
nigen u. s. w., da schaute er mit seinem scharfen Auge während 
dieser Arbeiten dem Meister zu und lernte, ohne daß der Meister 
es ahnte. 
Und was er den Tag über mit den Augen gesehen, das 
übte er dann in den Feierstunden mit der Hand, aber heimlich, 
aus Furcht vor den Gesellen, deren Abgunst ihm sonst das 
Leben noch schwerer gemacht haben würde. Wie ein Vogel kam 
er sich vor, dem die Flügel gebunden sind, und oftmals stieg 
er mit Seufzen in sein Bett, den Tag herbeisehnend, da die 
Zeit des geduldigen Tragens und Dienens vorüber sein und 
der Meister zu ihm sprechen würde: Nun tritt herzu, mein 
Sohn, und nimm den Pinsel zur Hand. 
Was er aber heimlich geschaffen, Freund Wilibald war 
immer der erste, der es sehen durfte, denn an dem Urteil des 
feinsinnigen, kunstverständigen Jünglings war ihm viel gelegen. 
Seine Besuche im Pirkheimerschen Hause wurden im Früh— 
ling des Jahres 1488 häufiger, denn kurze Zeit nur sollten 
die beiden Freunde noch bei einander sein: der Vater hatte für 
den achtzehnjährigen Wilibald zunächst den Aufenthalt am Hof 
des Bischofs von Eichstädt bestimmt, um dort die höfische Sitte, 
die Führung der Waffen und die Kriegskunst zu erlernen. 
Wenige Tage vor dem gefürchteten Abschied erschien Albrecht 
bei dem Freunde in besonders gehobener Stimmung. „Was ich
	        
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