104
Dingen Gelegenheit zu glänzen. Die Wagen werden bald durch
kleinere Räder geschoben, welche in die Speichen grösserer ein-
greifen, bald mittelst Kurbeln bewegt oder durch ein Zahnradwerk
vorwärts getrieben. Die erste bewegende Kraft bilden Männer.
welche die Kurbeln drehen, die Räder mit Stangen u. a. stossen
Dadurch und durch die phantastische Form der Wagengerüste ver-
miecd Dürer den Eindruck des Mechanischen und Unbelebten. Wenn
ihm hier niemand einsprach oder Vorschriften erteilte, so musste
er sich dagegen bei der Komposition des grossen Triumphwagens
fremden Forderungen fügen. Auf dem ersten, mit der Feder ge-
zeichneten Entwurfe (Albertina) giebt er dem Wagen eine ziemlich
einfache Form und bespannt ihn mit lustig galoppierenden, von
lebensfrischen Burschen gelenkten Rossen. Diese Darstellung er-
schien offenbar nicht im Einklang mit der am Hofe des Kaisers
gepflegten poetischen Gelchrsamkeit, Unter Mitwirkung Pirkheimers
wurde (1518) von Dürer ein neuer Wagen entworfen, welcher durch
einen reichen, allegorischen Prunk sich auszeichnet. Den Wagen um-
geben Frauengestalten, mannigfache Tugenden vorstellend; eine
Frau (die Vernunft) lenkt die vielen Pferde, welche wohl eine an-
schnlichere, aber lange nicht so lebendige Gestalt wie auf dem
ersten Entwurfe empfingen.
Auch bei der Triumphpforte musste sich Dürer die Mitwirkung
eines Gelehrten, des Johannes Stabius, gefallen lassen. Sein Eigen-
tum bleibt die architektonische Anordnung des Ganzen und die
Zeichnung der einzelnen Bauglieder. Da kein wirkliches, sondern
nur cin eingebildetes Bauwerk, ein Schaustück, geschaffen werden
sollte, so legte Dürer seiner Phantasie keine Zügel an; hielt sich
nicht an cine der bestehenden Bauweisen, weder an den gotischen,
noch an den Renaissance-Stil, sondern ersann eine Architektur von
märchenhafter Pracht. Mächtige Rundtürme, von reichen Kuppeln
gekrönt, stützen den Scheinbau, Säulen gliedern die inneren Ab-
teilungen. Nicht schön, aber reich soll die Architektur erscheinen,
daher namentlich Basen und Kapitäle der Säulen überquellende
Formen zeigen, die reinen Kuppellinien durchschnitten werden:
Die Dekoration drängt sich überall in den Vordergrund. Die
Wirkung dieses seltsam reichen Triumphbogens würde wachsen,
wenn die Zwischenfelder nicht ein Übermass von bildlichen Dar-
stellungen, Wappen, Szenen aus dem Leben des Kaisers, Büsten
und Statuen der Vorfahren zeigten. Der Reichtum der Einzel-
heiten zerstört die Schönheit des Ganzen. Dadurch ging die Über-