52
voraussehen, daß das Erscheinen des auffälligen Menschen
Aufsehen erregte, und befürchten, daß man hinter ihm ein
schweres Verbrechen vermutete, ja daß bei den schwebenden
nachteiligen Gerüchten über das Ableben des kleinen Prinzen
ernste Forscher leicht auf die richtige Spur kamen. Damit
war seine Herrschaft aufs äußerste gefährdet. Einer solchen
kolossalen Dummheit halte ich den alten Intriguanten nicht
für fähig.
Ludwig starb 1830, und Leopold bestieg den Thron.
Herr v. Artin hält auscheinend viel von diesem Manne und
scheut sich, auch ihn als aktiven Mitschuldigen in das Ver—
brechen zu verwickeln, läßt ihn vielmehr eine passive Rolle
dabei spielen. Nehmen wir nun an, Leopold habe nie etwas
böses gegen den rechtmäßigen Thronerben im Sinne gehabt,
so drängt sich uns die Frage auf: Wer veranlaßte Kaspars
Ermordung? Begingen etwa Hennenhofer und Stanhope
dieselbe, ohne mächtige Hintermänner zu haben? Das ist
sehr unwahrscheinlich, da für Beide kaum irgend ein Nutzen
daraus erwuchs. Wenn Stanhope wirklich die weiteren Aus—
gaben für Kaspar scheute, so brauchte er einfach nach England
gehen und sich nicht weiter um die Sache kümmern, anstatt
ein so gefährliches Verbrechen zu wagen. Hennenhofer aber
konnte aus dem lebenden Kaspar Hauser durch Erpressung
an hoher Stelle weit mehr Kapital herausschlagen, als aus
dem toten. Oder hoffte er etwa, ein vom Hofe nicht be—
fohlener, aber diesem willkommener Mord würde ihm viel
einbringen? Da hätte er sich mit Deveroux in ,Wallensteins
Tod“ sagen können:
„Man hat Exempel,
daß man den Mord liebt, und den Mörder straft“.
Wenn der Großherzog vielleicht auch nicht die That verfolgt
hätte, belohnt hätte er sie schwerlich. Wenn Hennenhofer
und Stanhope den Mord begingen, so konute dies nur