Volltext: Kaspar Hauser

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voraussehen, daß das Erscheinen des auffälligen Menschen 
Aufsehen erregte, und befürchten, daß man hinter ihm ein 
schweres Verbrechen vermutete, ja daß bei den schwebenden 
nachteiligen Gerüchten über das Ableben des kleinen Prinzen 
ernste Forscher leicht auf die richtige Spur kamen. Damit 
war seine Herrschaft aufs äußerste gefährdet. Einer solchen 
kolossalen Dummheit halte ich den alten Intriguanten nicht 
für fähig. 
Ludwig starb 1830, und Leopold bestieg den Thron. 
Herr v. Artin hält auscheinend viel von diesem Manne und 
scheut sich, auch ihn als aktiven Mitschuldigen in das Ver— 
brechen zu verwickeln, läßt ihn vielmehr eine passive Rolle 
dabei spielen. Nehmen wir nun an, Leopold habe nie etwas 
böses gegen den rechtmäßigen Thronerben im Sinne gehabt, 
so drängt sich uns die Frage auf: Wer veranlaßte Kaspars 
Ermordung? Begingen etwa Hennenhofer und Stanhope 
dieselbe, ohne mächtige Hintermänner zu haben? Das ist 
sehr unwahrscheinlich, da für Beide kaum irgend ein Nutzen 
daraus erwuchs. Wenn Stanhope wirklich die weiteren Aus— 
gaben für Kaspar scheute, so brauchte er einfach nach England 
gehen und sich nicht weiter um die Sache kümmern, anstatt 
ein so gefährliches Verbrechen zu wagen. Hennenhofer aber 
konnte aus dem lebenden Kaspar Hauser durch Erpressung 
an hoher Stelle weit mehr Kapital herausschlagen, als aus 
dem toten. Oder hoffte er etwa, ein vom Hofe nicht be— 
fohlener, aber diesem willkommener Mord würde ihm viel 
einbringen? Da hätte er sich mit Deveroux in ,Wallensteins 
Tod“ sagen können: 
„Man hat Exempel, 
daß man den Mord liebt, und den Mörder straft“. 
Wenn der Großherzog vielleicht auch nicht die That verfolgt 
hätte, belohnt hätte er sie schwerlich. Wenn Hennenhofer 
und Stanhope den Mord begingen, so konute dies nur
	        
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