Full text: Von 1520-1534 ([2. Band])

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des Spenglerischen vom Januar 1530 erscheint, fordert, dass man 
nach der Schrift nicht nur den guten, sondern auch den bösen 
Herren gehorchen soll; der ursprünglich monarchische Charakter 
des Reiches, den die Entwicklung der Reichsstädte am deut- 
lichsten offenbarte, wird wieder betont; die Städte haben nur 
das Recht der Amtleute. Auch der neue Einwand, dass der 
Kaiser sein Amt durch Übertretung verwirkt habe, ist ver- 
werflich, denn sonst müssten folgerichtig Bürger über die Obrig- 
heit, Kinder über die Väter richten. Zu ganz anderen Resul- 
taten kommt ein Gutachten, das ohne Zweifel Osiander zum 
Verfasser hat 1). Seine abweichende Meinung hatte Link bei der 
Disputation mit dem Kanzler Bayer auf dem Nürnberger Con- 
vente erwähnt, auch, dass er bereit sei, sie in einem Gutachten 
zu äussern. Wenn nach Paulus ad Rom. 13 alle Gewalt von 
Gott stammt, so kann dies naturgemäss nur die ordnungsmässige 
Gewalt sein. Diese beruht auch nicht auf der Person, sondern 
auf der Administration und Regierung, die die Bösen straft und 
das Gute handhabt. Wenn eine Person dieses Amt unordentlich 
verwaltet, so ist sie nicht als von Gott eingesetzt zu erachten. 
Ferner ist nach Paulus auch die untere Gewalt von Gott, da 
alle Gewalt von ihm ist, also auch die der Reichsstädte; die 
Unterthanen freilich besitzen keine Gewalt. Die Reichsgewalt 
wird nun durch Wahl übertragen; wenn aber der Inhaber die 
Artikel der Wahlkapitulation nicht hält, so ist die untere Gewalt 
höher als die obere und zum Widerstande berechtigt. 
Osianders Gedanken zeigen eine eigentümliche Verschmelzung 
des Naturrechts, welches bei Vertragsbruch den Widerstand recht- 
fertigt, mit der Theologie. Ein theologischer Ratschlag %) suchte 
ihn zu widerlegen: als Unterthan sei man alles zu dulden 
schuldig. Aber Osiander scheint die Ansicht, dass alle, auch die 
übertragene, Gewalt von Gott stamme, noch in einem andern Gut- 
achten erörtert zu haben, indem er sie mit der Absolution ver- 
glich, die ebenfalls von Gott direkt stammt, auch wenn sie vom 
Priester mitgeteilt wird. Gegen diesen und andere Punkte wurde 
aber auch von juristischer Seite ein Gutachten gegeben ®). Das 
natürliche Recht des Widerstandes kann das Recht der Obrigkeit 
nicht aufheben, da dieses ebenfalls ein natürliches ist. Keines- 
wegs stammt alle Gewalt direkt von Gott, sondern sie kann 
vom Kaiser als Regal übertragen werden, daher ist der Vergleich 
mit der Absolution ungereimt, denn der Kaiser kann die Über- 
tragung aufheben, der Priester nicht. Die Unterscheidung der 
Obrigkeit von dem Oberherrn ist ein Schulgezäuk. wie die von 
+) Hortleder, 1I, II, C. 10. 3) Hortleder, II, II, C. 11, 3) Hort- 
leder, II, II. C. 9.
	        
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