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daß das Hinaufschnellen der Preise mit einem Herabschnellen der Einnahmen zu⸗
sammenfallen wird, so daß dies zu einer Beschränkung aller nicht unbedingt er⸗
forderlichen Einnahmen und zu einer Qualitätsverschlechterung und Quantitäts⸗
herminderung aller unentbehrlichen Bedürfnißartikel führen muß. Aber selbst
den Einwand der Agrarier als berechtigt zugestanden, daß bis zum Inkrafttreten
der neuen Lebensmittelzölle die Krisen verursachenden Erscheinungen wieder ver—
schwunden sein dürften, so ist damit die Möglichkeit einer Prosperitätsepoche für
qudere Länder, aber nicht für das deutsche Reich gegeben, denn unsere Zollpolitik
muß zu einer Beschränkung der Ausfuhr und damit zu einem geringeren Be⸗
schäftigungsgrad unserer Albeiterschaft führen. Aber selbst im allergünstigsten
Falle einer durchaus für die nächste Zeit nicht wieder zu erhoffenden Prosperitäts—
periode würde es der allerstärksten Anstrengungen der organisirten Arbeiterschaft
bedürfen, um im Kampfe gegen das Unternehmerthum sich den Stand der Lebens—
haltung zu erringen, der vor den Preiserhöhungen bestand. Alle Entbehrungen
mußte die Arbeiterschaft auf sich nehmen, alle Wunden der Kämpfe tragen, blos
um Agrariern, Kartellen und Staat ihre Mehrerfordernisse zu decken, ohne auch
nur den mindesten wirklichen Vortheil für sich selbst dabei herauszuschlagen. Man
sieht hieraus, welche ungeheure Gefahr das neueste, unerhörte Attentat auf die
Lebenshaltung der arbeitenden Klasse bedeutet. Welche Entbehrungen sich die Arbeiter—
schaft aufzuerlegen haben wird, geht aus einer Betrachtung der Posten unserer
Haushaltungsrechnungen hervor; selbst der für die Bedürfnißlosigkeit am meisten
schwärmende Anti-Sozialpolitiker wird unter hunderten von Posten schwer auch nur
einen finden, wo der Arbeiter hätte „sparen“ können und dabei handelt es sich
doch bei der Schicht der Arbeiterklasse, deren Verhältnisse hier ihre Darstellung
finden, um Arbeiter, deren Gesammtausgaben, von wenigen Ausnahmen abgesehen,
über dem Durchschnitte der in Nürnberg üblichen Arbeiter-Jahresrechnungen stehen.
Nach der nur durch wenige Ausnahmen durchbrochenen Regel kann sich der
Arbeiter unserer Gegenden, der bayerische macht hiervon die seltensten Ausnahmen,
seine Lebenshaltung ohne alkoholische Getränke denken. Wenn wir nun die Aus—
gaben für Ernährung und die für alkoholische Getränke zusammenfassen und diese
Summe neben die Gesammtausgaben stellen, so ergibt sich das folgende Zahlen—
bild, das um so bedeutungsvoller ist, als ja dank der zu gewärtigenden Zoll—
erhöhungen auf Hopfen und Gerste auch die Preise für Bier und dank der
geplanten Weinsteuergesetzgebung die für Wein, sicherlich auch die für die Spiri—
duosen im engeren Sinne steigen werden. Es betrugen die Ausgaben für Stillung
hon Hunger und Durst bei Gesammtausgaben von
725 Mk. 0o7 Pfg.
10243,
—
109981
111501
11600 68
12288, 08
12160 78
12147 01
13311 92
13551 58
13600 98
1364 86,
1375 58*
427
5388,
5631
660
6725
620
3191
584
8679
3001
770
5251
689
79280*
Mkf.
J
5g.
38
8
7
35
39
92
55
6
96
78
638,
854
58,69
3256
3269
37
9
36,80
5482
3482
60.01
5712
4631
50.55
25748
Proz. der Gesammtausgaben