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als es die Gelehrten vermögen. Wenn Ihr fertig seid, —
und Euch geht ja Alles gar schnell von der Hand, so denke ich,
das ganze Ding in einem Büchlein durch Hans Guldenmund
drucken zu lassen und auf den Markt zu bringen.
Hans Sachs
(ist aufgestanden, sehr bewegt). Ei, ei, Herr Prediger, das ist aber
für mich eine schlimme Sache. Ich hatte mirs fest vorge—
nommen, mich in solche Dinge fernerhin nicht zu mischen; ich
wollte mich begnügen, nach meinem festen Glauben an die
Reinheit des Evangeliums still für mich zu leben. Zum Dichten
hab' ich ja auch sonst noch ein gar weites Gebiet, auf dem ich
frei nach meinem Herzen schalten kann. Aber dies — das ist
eine Sache, die ich nicht gern auf mich nehmen möchte. Das
Ding ist spitz und scharf. Und wenn ich dazu schreiben soll,
so würden auch die Reime spitz und scharf werden müssen.
Das ist doch richtig, lieber Herr.
Osiander.
Vielleicht mißtraut Ihr mir. Ihr meint wol, daß ich
Euch dadurch in eine Ungelegenheit bringen könnte, während
ich mich selbst verbergen wollte. Aber deshalb habt keine
Sorge. Euer Name muß freilich für die Reime auch auf dem
Büchlein stehn; aber das Ganze vertrete ich selbst mit meinem
Namen und schreibe dies auch deutlich in einem Vorwort, da—
mit die Richtigkeit der Prophezeiung durch mich bekräftigt werde.
Hans Sachs.
O Herr Osiander, glaubt mir, die große Ehre weis ich
zu schätzen, die Ihr mir damit erweist: daß mein Name bei
dem Eurigen stehen soll, — ich, ein einfältiger, schlichter Hand⸗
werksmann neben dem hochangesehnen und gelehrten Manne
und unserm ersten Prediger! Ich fühle diese Ehre in meinem
Herzen, aber — ich trachte nicht nach ihr, denn all mein
Trachten geht nur dahin, Gutes zu wirken, den Unverstand
und die Laster zu bekämpfen. Was die Sache der Religion
betrifft, so habe ich frei und furchtlos mich darüber ausge—
sprochen, und hab' auch Freude und Ehre dabei erworben.