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fiel unter dem Einfluss der erbitterten geistlichen Herren schroff
genug aus; die Städte hätten ein etwaiges Stimmrecht nur aus
Gnade genossen, bezüglich der Zölle verwies man sie an den
Kaiser, der ja das Projekt gebilligt hätte. Hierauf beschlossen
die Städte, den Reichstagsabschied nicht zu bewilligen. Somit
wäre die Reichsmaschiene gelähmt gewesen, das Reichsregiment
hätte keine Existenzmittel gehabt. Daher gaben die Stände so-
weit nach, dass der mainzische Kanzler die Städte um eine Er-
läuterung ihrer Beschwerden bitten musste, da man sie nicht
recht verstanden habe.
Aber am 2. Februar erklärten die Städte, dass sie bei ihrer
Drohung beharrten, wenn ihnen keine bessere Antwort zu Teil
würde. Sie nahmen auch schliesslich den Abschied nicht an,
weil der ihnen ungünstige Beschluss über das Stimmrecht nicht
rückgängig gemacht werden konnte. Während aber der ganze
Protest der Städte mit Stillschweigen begraben wurde, knüpfte
sich das lebhafteste Interesse an die von dem Reichstage verhandelte
Frage über die Ausführung des Wormser Ediktes. Dabei war
die Stadt Nürnberg ganz besonders beteiligt,
Seit dem Jahre 1522 nämlich war die reformatorische Be-
wegung in der Stadt lebhafter geworden, im Stillen gebilligt von
der Majorität des Rates. Schon im Januar glaubte der Rat, dass
dem Kaiser über den Zustand der Stadt übertreibende Gerüchte
zugekommen seien: der Rat sei durch die aufrührerische Menge
bewogen, lutherische Prediger anzustellen. Er suchte am Hofe
diese Ansicht zu widerlegen !). Gleichwohl wurde noch im Früh-
jahre 1522 ‚auf Empfelung Dr. jur. Pömers,” des” Propstes von
St. Lorenz, der leidenschaftliche, rücksichtslos dem Luthertum
ersebene Osiander als Prediger an St. Lorenz vom Rate bestätigt.
Dieser Propst, der das Recht der Ernennung des Predigers hatte,
war Juni 1520 vom Rate bestellt. Man hatte damals bereits
auf seine lutherische Gesinnung Rücksicht 3) genommen und ihn
privatim ermahnt, „so etwas Neues von dem hochtüchtigen Luther
vorhanden sei, dessen theilhaftig zu werden“. Auch Dr. Pessler,
seit 1521 Probst von. St. Sebald, war lutherisch gesinnt. In
demselben Sinne wie Osiander.. wirkten auch die später ange-
stellten Dr. Sleupner bei St. Sebald und Thomas Venatorius am
neuen Spital. Luther selbst hatte für Sleupners Wahl den Aus-
schlag gegeben.
Das Reichsregiment war in kirchlicher Hinsicht den Städten
nicht feindlich. da die katholische Misswirthschaft selbst geist-
?) An Dr. Rotenhan, 15. Januar 1522, Bh. 95. 2?) Riederer, Nach-
richten IV, S, 8; Vokationshrief Nützels 3) jbid. IV. S. 10. Velhafen
an Pümer.