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Der Fremde (übergiebt ihm die Tasche. Kaspar erfaßt sie gierig
mit beiden Händen) Offne sie! Das Blatt in der Mitte ...
das ist die Urkunde, die alles besagt und — auf Edelmanns—
Wort — die einzige, die ich dir zeigen kann. — Hast du
sie? Entfalte sie nur und dann — (Während Kaspar das Blatt
mit bebenden Händen auseinanderfaltet, zieht der Fremde einen Dolch,
vackt Kaspar blitzschnell an der Schulter und stößt ihm die Waffe zwei
drei mal tief in den Rücken) — und dann geh deines Weges!
Kaspar (stürzt unter einem markerschütternden Schrei zu Boden.
Die Brieftasche und das Blatt entgleiten seinen Händen. Vergebens
tastet er nach seiner Waffe. Vom körperlichen Schmerze überwältigt,
windel er sich stöhnend am Boden und schlägt nur ohnmächtig mit den
Armen um sich): Wer bist du? — Mein Gott — Wer bist
du? — Was hab' ich dir denn gethan?
Der Fremde: Still, Narr! Greine nicht! Gleich bist
du am Ende; ich traf dich gut. — Und jetzt gieb mir
dein sauberes Stilett, blank und unbefleckt wie deine Seele!
Ich leg' dir statt dessen meines hin, damit mein Rückzug
um so sicherer sei. EEr beugt sich zu Kaspar nieder, zieht dessen
Dolch hervor und vertauscht ihn mit dem eigenen.)
Kaspar: Laß mich! — Zu Hilfe! — Rühr' mich
nicht weiter an! Du siehst ja, daß ich sterbe ...
Der Fremde (xichtet sich auf. Mit einem lesten Blick auf
den Leidenden, nicht ohne Mitgefühl): Kannst einen wohl jammern!
— Nun trag' das Sterben tapfer, Bursch, tapfer, wie du's
gewollt! Jeder Schwärmer muß solchen Ausganges sich
versehen. — Ich that es nicht für mich. Wer weiß —
bald folge ich dir nach. (Links ab)