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rungen seines Wohlwollens gegen Cuther, die Freunde zu
einer auf Widerruf abzielenden Einwirkung zu überreden.
Der Vikar betonte, daß er bereits Luther zu jener Unter—
würfigkeitserklärung unter die Kirche vom 15. vermocht
habe, müsse aber eine weitergehende Beeinflussung als aus—
sichtslos von der Hand weisen. Der Kardinal entließ sie
und bemerkte, Luther bestimmte Sätze zum Widerruf vor—
schreiben zu wollen.!15) Zuletzt hatte Cajetan seine Ruhe
verloren, er stand nicht an, Martinus eine Bestie zu
nennen.!U6) Die Freunde durften das Schlimmste erwarten
Hatte der römische Bevollmächtigte doch nicht unterlassen,
auf sein nicht nur gegen Luther, sondern gegen alle seine
Anhänger gerichtetes, genügendes Mandat hinzuweisen, und
ihnen mitgeteilt, daß ein Erlaß des Generals Venetus
gleichfalls im Cande sei.!!“) Die letztere Angabe wurde
alsbald durch ein Gerücht bestätigt, ja Peutinger wollte wissen,
der Erlaß verhänge über alle Kerker und Gewalt.18)
Die Verhältnisse, die Verantwortung, die Erwägung,
daß Gewalt Luther nicht minder, wie manchen anderen vor
ihm schnell mundtot machen werde, bewogen die beiden
Freunde zu einem letzten Versuch, ihren Einfluß geltend zu
machen. Luther berichtet dem Kardinal zwei Tage später
selbst von dieser Einwirkung, die Staupitz und Linck gleich
sehr betrieben, und bekennt, daß der Kardinal „nicht mäch—
tiger und verführerischer ihn habe bewegen können, als
gerade durch diese beiden Mittler, deren jeder ihn ganz und
gar in seiner Hand und Gewalt habe“. 1u9) Weit wich
Cuther dem Rate der Freunde: er bekannte seine Fehltritte,
wollte um Verzeihung bitten und hinfort schweigen, wenn
auch die Gegner schwiegen; aber ein Widerruf war gegen
sein Gewissen. 120) Jetzt gab man die Hoffnung noch nicht