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innere Schaffenstrieb mit, dem die einzelnen Dich—
tungen ihr Entstehen verdanken. Indem wir die
Gesetze der aͤußeren Sorm systematisch beobachten,
folgen wir dem Kuͤnstler zur einsamen Werkstatt.
Weit lohnender und erfreulicher ist erstere Auf—
gabe, wenn auch bedeutend schwieriger. So auch
hier, wo es gilt, in die Tiefe der Frauenseele zu
blicken, wo es notwendig ist, sich abzufinden mit
einem melancholisch vergraͤmten Gemuͤt, das un—
aufhoͤrlich in uͤberirdischen Gedanken sich troͤstet. io
Interessant erscheint es, zu beobachten, wie
zwanzig Jahre nach den Sonetten die in den
geistlichen Schriften eingestreuten Dichtungen in
fast krankhafter Weise die Gottesverehrung uͤber—
treiben. Jene haben wohl auch einmal allzu 18
schwuͤlstige Ausrufe und Bitten zum Inhalt,
lassen sich aber mit den verworrenen Auseinander⸗
setzungen der letzten tiefstehenden Erzeugnisse nicht
vergleichen. SZier bewaͤhrt sich Lessings Aus⸗
spruch, daß Ergebenheit in Gott nicht zusammen⸗ 20
haͤnge mit unserem Waͤhnen uͤber Gott. Hatte
in ihren Jugendjahren ein zweiter, gleich aus⸗
gebildeter Trieb Catharinas Seele erfuͤllt, ihre
stolze Vaterlandsliebe, so ist sie rasch verflogen, um
den andachtsvollen und bußfertigen Glaubens- 28
eifer allein zur Zerrschaft gelangen zu lassen. Dies
ist schmerzlich zu bedauern. Solange sich die