2
Sweites Kapitel.
lied, welches bald die Mägdlein anhoben. Dabei aber hatte sie
doch ihr Augenmerk auch auf die Knaben, und sie verwunderte
sich still über das Auge Albrechts, welches mit feinem Blick in
der umgebenden Natur Dinge sah, die ihr selbst entgangen
waren oder ihr der Beachtung nicht wert erschienen. Und sie
mußte lächeln bei dem Gedanken: der jüngste unter uns ist
unser Lehrmeister, ohne daß er es weiß und ahnt!
Man fuhr bis nach dem Dörflein Pillenreut. Da ließ
man die Rosse vor der Herberge verschnaufen und labte sich an
einem frischen Trunk Bier.
Den Knaben ward es in der Stube zu eng: sie sprangen
hinaus, und man hörte draußen ihr johlendes Geschrei. Als
sie wiederkehrten, trug Albrecht ein Sträußlein von roten Ane—
monen und gelben Ranunkeln und weißen Maßliebchen und
blauem Ehrenpreis in der Hand, das reichte er artig der Frau
Barbara als Gabe des Dankes für die Huld, mit welcher sie
ihm den schönen Tag bereitet.
Mit lächelndem Wohlgefallen ließ Frau Barbara die Augen
auf dem Sträußlein ruhen. Wie lieblich und wie malerisch
war dasselbe gebunden, welchen Schönheitssinn verriet die An—
ordnung der Blumen von der Hand eines achtjährigen Knaben!
Und wieder sah sie ihn sinnend an und weidete sich an der
lieblichen Gestalt.
Der Heimweg sollte aber nicht so vergnüglich verlaufen als
die Ausfahrt. Die Rosse scheuten plötzlich vor einem des Wegs
daherkommenden Troß Fahrender, welche einen Bären daher—
führten. Der Wagen wurde gegen einen Stein geschleudert und
wäre bei einem Härlein umgeschlagen. Der Frau Barbara und
ihren Töchtern geschah von der Schwankung und dem Stoß kein
Leid, die beiden Knaben aber stürzten von ihrer luftigen Höhe
jählings herab.