Full text: Johann Tobias Kiessling und einige seiner Freunde nach ihrem Leben und Wirken

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was, eine höhere, eine Sottesfraft, welde mir und vielen 
Anderen fehlt —, und einen Vorgefhmack von dem innern Frie- 
ben und der Lebensfraft des Chriftenthums, welche er nachmals 
noch durch Sottes Barmherzigkeit, nach dem ihm beftimmten 
Maaße, in und an fich felbft erfahren. 
Ein Beifpiel diefer Seduld und Freundlichkeit gegen Anz 
derSgefinnte werden wir Übrigens auch weiter unten in der Erz 
wecungsgefchichte des feligen Schöner (im 25. Ubfhnitte) an 
dem Benehmen unfers feligen Tobias gegen diefen Freund Fenz 
nen lernen; noch mehr hieher Gehöriges Fönnten uns aber befonz 
ders Die erzählen, die als dlirftige Studenten oder arme Candi: 
daten des Predigtamtes feine Unterftüßung, und hiermit zugleich 
auch, fo oft fie wollten und Fonnten, feinen näheren freundz 
Tchaftlichen Umgang genoffen. Denn unfer feliger Tobias hatte 
auch darin die fonderbare Weife, daß er gegen Solche, welche 
Wohlthaten von ihm empfingen, am allerfreundlichften, demüz 
thigften war, fo wie etwa andere Leute gegen Solche find, von 
denen fie Wohlthaten erhalten; fo daß, wenn cin Dritter dabei 
zufah, der unfern Heben Alten nicht Fannte, er wohl hätte auf 
die Vermuthung Fommen Fönnen, der junge Herr N, N, der 
fih eben bei unferm Seligen eine Unterftüßung geholt hatte, 
habe ihm eine gebracht. 
Cben diefe jüngeren Freunde, welche unfer Seliger auf der 
Univerfität unterftüßte, Hatten fich aber, wenn fie zu {dm Famen, 
an dem Sike der Weisheit nicht blos leere Beutel und leere 
Magen, fondern häufig, unter den hölzernen Bollwerken, wie 
fie der felige C8per nannte, auch leere Herzen und Leere Köpfe 
geholt, in welche ftatt der vorhin näher gewefenen wirklichen 
und lebendigen Segenfiände nur leere Namen und todie Worte 
hineingeFommen waren, welche aber das Herz aufbläheten, wie 
unverdauliche, unnahrhafte Speifen den Magen. — Auch diefe 
jungen Leute mit ihrem ftolzen Lächeln und ihren viel fagen 
follenden, beiläufig hingeftreuten Cinwürfen gegen die altmo= 
difche Bibellehre, ertrug unfer Seliger mit bewundernswürdiger 
Liebe, Freundlichkeit und Geduld, forach aber dabei mit Sedem,
	        
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