fullscreen: Beiträge zu Dürers Weltanschauung

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Die Engel des Gerichtes, mit Posaunen in der Hand, machen 
den Pilger auf diese 4 Scenen noch besonders aufmerksam, ebenso 
die gereimten Beischriften, die jede dieser 4 Scenen erläutern: 
„Sich hinter dich, pilgram, — für dich, — unter dich, — über 
dich, — etc. — Das alles ist wie eine Illustration zu jener Stelle 
des Heidelberger Ritterbüchleins. Die Gesamtcomposition des 
Holzschnittes ist gedacht als eine Pilgerflasche, die an Stricken 
hängt, welche ihrerseits wieder von Spruchbändern umwickelt 
sind. 
Der künstlerische Schritt von hier zu Dürers Stich ist un- 
ermesslich, der gegenständliche, inhaltliche nur klein. Alle wesent- 
lichen Bestandteile sind beiden Blättern, dem Holzschnitte von 
1488 wie dem Dürerstiche, gemeinsam : der voll festen Gottver- 
trauens seines Weges ziehende Vertreter des menschlichen Ge- 
schlechtes, der sich nicht kümmert um den von hinten heran- 
schleichenden Teufel, der ihn verzagt machen will wegen seiner 
Sündenlast, noch um den lauernden Tod mit der Uhr, den er keines 
Blickes würdigt. Die Schrecken der Hölle auf dem Holzschnitte 
sind bei Dürer zusammengeschrumpft in den hässlichen Molch, 
welcher zwischen den Hufen des Rosses dahinkriecht, die Him- 
melsburg ist bei ihm zu einer wirklichen Veste auf steilem, 
schwer ersteiglichem Felsen geworden, umflossen von reinem 
Himmelslicht. Durch finstere Schluchten führt den Ritter sein 
Pfad dorthin. Selbst die Toten, welche auf dem Holzschnitte 
von 1488 in ihren Gräbern unter der Brücke offen daliegen, ge- 
troffen von den Pfeilen des Todes, umgeben von modernden Ge- 
beinen, fehlen bei Dürer nicht; wir finden sie angedeutet in dem 
Totenschädel auf dem Baumstumpfe vor den Hufen des Rosses. 
Um das Gegenständliche an Dürers Stich gleich hier vollends 
zu erledigen sei noch der Hund erklärt, welcher neben dem Rosse 
herspringt. Das ist das übliche Begleittier des Pilgrams in der 
mystischen Volkslitteratur der vorreformatorischen Zeit und be- 
deutet, wie uns ein eigener Abschnitt in Geiler’s von Kaisersberg 
„Christlich bilgerschafft“ erklärt, den göttlichen Eifer und Ernst, 
der den Menschen auf seiner gefahrvollen Fahrt durch dies ir- 
dische Leben begleiten soll, das himmlische Vaterland rüstig zu 
erstreben. 
Auf dem Holzschnitte von 1488 fehlt dies Bezgleittier des
	        
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