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ihnen Gelegenheit, in der Anstalt die für das kaufmännische Leben notwendigen
Kenntnisse in der Stenographie sich anzueigen. Die Erkeuntnis, daß für viele
Schüleriunen auch die Bekauntschaft mit der französischen Sprache eine Notwendig—
keit sei, führte im Jahre 1898 zu einer Neugestaltung der Schule. Dieselbe bestand
darin, daß dem Lehrplan die französische Sprache und die Stenographie als Pflicht—
fächer eingefügt wurden. Dazu kam dann als Wahlfach das Maschinenschreiben.
Die Erweiterung des Lehrplans hatte nun auch eine Vermehrung der Zahl der
Wochenstunden im Gefolge, und der tägliche Unterricht, der bisher auf den Vor—
mittag beschränkt war, mußte nunmehr auch auf die Nachmittagsstunden ausgedehnt
werden. Was den Unterricht in den neueren Sprachen betrifft, so war man sich
wohl bewußt, daß die Erlernung von zwei fremden Sprachen in der zur Verfügung
stehenden Zeit von 2 Jahren für die meisten Schülerinnen eine übermäßige Be—
lastung herbeiführen würde. Da man jedoch von der Errichtung eines III. Kurses,
d. h. von einer Verlängerung der Unterrichtszeit um ein weiteres Jahr, vorläufig
noch Umgang nehmen wollte, traf man die Bestimmung, daß jede Schülerin nur
zur Erlernung einer fremden Sprache, der englischen oder französischen, verpflichtet
sein solle. Außerdem wurde der Vorstand der Schule ermächtigt, das gleichzeitige
Betreiben zweier fremder Sprachen nach Lage der persönlichen Verhältnifse der
Schülerinnen zu verbieten Entsprechend dem Charakter ihres Unterrichtsbetriebes
und ihrer Lehraufgabe erhielt die Schule bei ihrer Neugestaltung den Namen
„Handelsschule für Mädchen“. Der neue Lehrplan trat mit Beginn des Schul—
jahres 1898,99 in Kraft.
2. Einrichtung und Leitung.
Die Schule besteht aus 2 aufsteigenden Kursen, von denen gegenwärtig der
erste in 3, der zweite in 2 Klassen geteilt ist. Von diesen 5 Klassen befindeu sich
3 in dem Hause Burgstraße 25, dem früheren Heim des Port'schen Instituts, und
2 in dem Schulhause in der Findelgasse, das ursprünglich nur für die höhere
Töchterschule bestimmt war.
Voraussetzung der Aufnahme in die Schule ist der erfolgreiche, durch Zeugnis
nachzuweisende Besuch der 7 Klassen der Volksschule; Bedingung für dieselbe das
Bestehen einer Aufnahmsprüfung in den Lehrgegenständen dieser Schule.
Das Schulgeld beträgt jährlich 36 Mk. Dasselbe wird dürftigen und würdigen
Schülerinnen auf Ansuchen erlassen.
Die Inspektion besteht aus dem Kgl. Inspektor, einem Magistratsrate als
Schulpfleger und einem Mitgliede des Lehrer-Kollegiums. Die weitere Aufsicht
über die Schule übt die Kal. Lokalschulkommission.
3. Lehrgegenstände und Unterrichtszeit.
In beiden Kursen werden dieselben Gegenstände mit der gleichen Anzahl
von Wochenstunden, selbstverständlich in entsprechender Abstufung des Unterrichts—
pProgramms, gelehrt, nämlich Religion (1 St.), Deutsch (6 St.), Englisch und
Französisch (je 4 St.), Rechnen (6 St.), Buchführung mit Handelskunde (4 St.),
Schönschreiben (3 St.) und Stenographie (1J St.)
Die Zahl der Wochenstunden für Maschinenschreiben ist durch die Zahl der
Teilnehmerinnen an diesem Unterrichtsgegenstande bedingt.
Das Schuljahr beginnt am 18. September und schließt am 14. Juli.
4. Zahl der Lehrkräfte und der Schülerinnen.
Im Schuljahre 1897/98 waren 9 Lehrkräfte an der Schule thätig: 5
seminaristisch gebildete Klaßlehrer, 2 Religionslehrer, ein protestantischer und
ein katholischer, ein Lehrer für Stenographie uͤnd eine Lehrerin für neuere Sprachen.
Den Unterricht besuchten im ganzen 183 Schülerinnen, 131 in den drei ersten.
52 in den zweiten Kursen.