Full text: Alt-Nürnberg

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auf den Beinen war. Zu diesen außerordentlichen Gelegenheiten 
gehörte das Ereignis, wenn ein Jerusalemfahrer in die Heimat 
zurückkehrte. Da ritten Ratspersonen 152 Stunden weit zum feierlichen 
Empfang entgegen und eine Menge Volks machte wenigstens einen 
Teil des Wegs zu Fuß. Zu diesen außerordentlichen Gelegenheiten 
gehörte ferner der Einzug eines Kaisers, wovon bereits ein paar 
Beispiele erzählt worden sind. Auch die oftmals stattgefundenen 
Turniere oder Gesellenstechen sowie die Einzüge der Reichsfürsten 
u. s. w. zu den Hof- und Reichstagen brachten immer viel Volks 
auf die Beine. Dasselbe war der Fall, wenn ein „armer Sünder“ 
den weiten Weg zur Richtstätte auf den Galgenhof geführt wurde 
oder wenn bei minder traurigem Anlaß der „Peinlein“ unter Trom— 
melschall eine Ladung schlechten Biers oder geschmierten Weins in 
die Fluten der Pegnitz schüttete. Jährlich sich wiederholende Ge— 
legenheiten zur Befriedigung der Neugierde und zur Ansammlung 
des Volks waren die am zweiten Feiertag nach Ostern erfolgte 
Weisung der Reichsheiligtümer und die Feierlichkeiten bei der Rats— 
wahl am Osterdienstag. 
Bis ins 17. Jahrhundert hinein erhielt sich auf den Nürnberger 
Straßen einechristlich-germanische Karrikatur des altheidnischen Dionysos— 
dienstes. Dies war das Urbansreiten, welches alljährlich am 
25. Mai, am Tage Skt. Urbans, des Schutzpatrons des Weinbaus, 
stattfand. Das Reklamemachen der heutigen Zeitungen für die 
Herren Gastgeber besorgten in jenen zeitungslosen Zeiten die Wein— 
schreier, welche vor den Schänken aufgestellt waren, um die Vorüber— 
gehenden zum Eintritt einzuladen. Nach erhaltener Erlaubnis des 
Rats ritt einer dieser mündlichen Reklamemacher oder Weinschreier, in 
ein rotes phantastisches Gewand gekleidet, mit einer Art Bischofsmütze 
auf dem Haupt, auf einem mageren Schimmel durch die Straßen. 
Voraus zogen ein Stadtknecht und Musikanten und unmittelbar vor 
dem Urbansreiter wurde ein mit Flitter und Spiegelgläschen be— 
hangenes Tannenbäumchen getragen. Nebenher torkelten ein paar 
Bauern, welche die Betrunkenen spielten und hinterher trugen zwei 
in rote Schänkröcke und Hüte gekleidete Männer auf Stecken je ein 
Gefäß, in welches der bei den Weinschänken, vor deren jeder der 
Zug anhielt, eingesammelte Wein geschüttet wurde; auch Geld wurde 
in Empfang genommen. Unterwegs schon aber wurde Wein getrunken 
aus einem silbernen Becher, der von dem Träger des Fichtenbäumchens 
dem „Urban“ genannten Reiter gereicht wurde, der ihn dann wieder 
Bekannten kredenzte. Hinterher liefen Buben in Menge, welche riefen: 
„Urban, du mußt in den Trog.“ Dieser Ruf hatte seinen Grund 
in dem Volksglauben, daß es ein schlechtes Weinjahr gebe, wenn es 
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