Volltext: Alt-Nürnberg

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der Städte, welche, wohl mit Recht, fürchteten, daß sie den größten 
Teil der Kosten tragen müßten, während den Fürsten und deren 
Mannschaften der Sold zugefallen wäre. Es wurde nun eine Reichs— 
matrikel für den „täglichen Krieg“ aufgestellt und zugleich ein Aufgebot 
für den „Zug“ erlassen; sonderbarer Weise aber nicht bloß ein doppelter 
Sammelplatz, Nürnberg und Eger, sondern auch ein zweifacher 
Termin, 19. September und 16. Oktober bestimmt. 
Am 4. September 1422 übergab der Kardinallegat nach dem 
Hochamt in der Sebalduskirche die vom Papst geweihte Fahne des 
— 
gleich dem Markgrafen Friedrich von Brandenburg als obersten 
Hauptmann des „Zugs“ sowohl als des „täglichen Kriegs.“ Unter 
Trompetenschall und dem Zujauchzen des Volks wurde der neue 
Feldhauptmann zu seiner Herberge geleitet. Auch sind auf diesem 
Reichstage sonst viel großartige begeisterte Reden gehalten worden, 
welchen aber weder die Leistungen der einzelnen Reichsstände noch 
die Thaten des Kreuzheeres auch nur im mindesten entsprachen. 
Sonderbare Proben patriotischen Eifers lieferten einzelne Fürsten 
und Städte, z. B. Nürnberg und Augsburg, die sich mit Geld von 
ihrer Pflicht loskauften. Nürnberg zahlte 3000 fl. dem römischen 
König, welcher dafür das Aufbringen und Halten der beiden Nürn— 
berger Kontingente übernahm; für den immer geldbedürftigen König 
war dies eine willkommene Einnahmequelle. Einzelne Reichsstände 
erschienen gar nicht im Feld; andere, wie der Bischof von Würzburg, 
kehrten an der Greuze wieder um, weil es doch schon zu spät sei. 
AIDVVV— 
Markgraf Friedrich bei dem Mangel an allem weiteren Zuzug 
schließlich froh sein mußte, vor der Veste Karlstein, deren Entsetzung 
Hauptzweck des Zugs war, mit dem Anführer der Böhmen einen 
Waffenstillstand abschließen zu können. Noch ehe das Jahr zu Ende 
ging, war auch der dritte Kreuzzug zu Ende, mit keinem anderen 
Ergebnis, als daß die ganze Nichtsnutzigkeit des Reichskriegswesens 
und die erbärmliche Selbstsucht aller Reichsglieder aufs neue vor 
aller Welt offenbar geworden war. 
Von da an währte es fünf Jahre, bis in einem vierten Kreuz— 
zuge der vergebliche Versuch, die böhmische Ketzerei mit Waffengewalt 
auszurotten, erneuert wurde. In Böhmen zerfleischten sich in diesem 
Zeitraum die Parteien, starb der Nationalheld Ziska, machten die 
Hussiten verheerende Einfälle in Mähren und sterreich. Im deutschen 
Reich folgten sich Fürsten- und Städtetage, es wurde unendlich viel 
geredet und allerlei geplant, aber es erstand kein Prophet, welcher 
gelehrt hätte, daß der jammernswerten Hilflosigkeit des gewaltigen
	        
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