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— ILI. Die Festtage 6—
seiner kunstvollen und harmonischen Zusammensetzung, in seiner
ganzen heiteren und farbenreichen Pracht noch einmal an uns
vorüberziehen.
Vorn an der Spitze, den adlergekrönten Stab in der
Rechten, die Brust mit dem alten Nürnbergen Wappen — halb
Adler, halb rot und weißgeschrägtes Feld — bedeckt, der Herold,
gefolgt von trotzigen Landknechtsgestalten und Fanfarenbläsern,
welche ihre lustigen Weisen hinausschmettern, hinter ihnen drei
Hauptleute zu Pferde, denen die Trommler und Pfeifer auf
dem Fuße folgen. Eine auserlesene Schar schließt sich an, die
schon seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts in Nürnberg als
Gesellschaft auftretenden Armbrust- oder Schnepperleinsschützen,
voran die Knaben mit der Scheibe, den Preisen und dem für die
Vogelstange bestimmten zweiköpfigen Adler, zur Seite der Zieler,
dann die Schützen selbst zu Roß und zu Fuß in ihrer alter⸗
tümlichen Tracht und mit ihren Bannern. Dann schreitet ein
Fähnlein Landsknechte, geführt von dem Fähndrich, trotzig daher.
Ein berittenes Musikcorps und eine Schaar berittener
Patrizier, denen ein Hexold folgt, bilden gewissermaßen die
Vorhut des Noriswagens ). Auf dem kunstvoll aufgebauten,
reichverzierten und vergoldeten Wagen, der rings mit den
Wappen von zwölf heute noch blühenden patrizischen Geschlechtern
geschmückt ist, thront unter schützender üppiger Rosenlaube die
ewig junge und schöne Herrin der Norisstadt, gekennzeichnet
durch das Wappen der Reichsstadt, auf dem Haupt über dem
reich hervorquellenden Haar die goldene Mauerkrone; rechts
vom Throne, mit der Rechten das Schwert fassend und mit
der Linken die Wage haltend, steht stolz die Gerechtigkeit, auf
der linken Seite hat sich die Wahrheit, die das Symbol der
Sonnenscheibe hält, niedergelassen; daneben die Weisheit, eine
Urkunde in der Hand, und vorn auf dem Sitze die Stärke
in goldenem Brustharuisch, mit der Rechten sich aufstützend, die
Linke lässig auf den Stil ihres Hammers gelegt, aumutige
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