Volltext: 1834-1884 (2. Band)

Kaspar als Dichter. 
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„Mein erstes Jahr begrüß ich heut 
In Dank und Liebe hocherfreut, 
Von vieler Noth und Last gedrückt, 
Von heute an genieß ich was mein Herz entzückt, 
Und fühl auch jetzt mich neu beglückt. 
In meinem ersten Jahre steh ich nun, 
Da gibts erstaunlich viel zu thun, 
Zum Schreiben und zum Mahlen, 
Zum Rechnen oft mit Zahlen. 
Gott wollte, daß ich sehe, wies in der Welt hergeht. 
Und zu lesen, was in den Büchern steht, 
Und anzubauen mein Gartenbeet. 
Gott wird die Kraft mir geben in Jugendtagen. 
Um die Klugen auszufragen. 
Jetzt muß ich mich vorbereiten, 
Täglich fortzuschreiten; 
Ein Schritt ist nicht gar viel, 
Doch führt er mich noch zu mein' erwünschten Ziel.“ 
Dieser poetische Schwung barg aber eine Gefahr in sich. „Nun 
aber geriet er“, sagt Daumer, „in seinen Aufsätzen in sentimentale 
Schwülstigkeit und Geziertheit, ein Durchgangspunkt der Bildung, 
zu dem H. schon im 2. Entwicklungsjahre seines neubegonnenen Lebens 
lübertrat. Einem neuen Entwurf der Lebensgeschichte (S D 4) gab 
er folgenden gesuchten Eingang: 
„„Lebensgeschichte von Kaspar Hauserin Nürnberg. 
Welcher Erwachsene gedächte nicht mit trauriger Rührung an 
mein unschuldige Einsper ung für meine jungen Jahre, die ich 
in meiner blüthesten (so) Lebenszeit zugebracht habe. Da sich so 
manche Jugend das Leben erfreuet hat, in entzückenden goldenen 
Träumen und Vergnügen lebten da meine Natur noch gar nicht er— 
weckt war .. ...““ 
„Diesen Anfang hielt er für sehr schön und empfand es übel. 
als ich sagte, er tauge nichts.“ 
Nein, so taugte das Ding nicht, das wäre gar zu viel Münch— 
hausen, und darum griff Daumer im Winter 1829 auf den schon 
durch Abschriften stereotyp gewordenen Aufsatz vom Februar (SD 8) 
zurück. Denn endlich mußte es doch zur Annahme eines offiziellen
	        
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