Metadaten: Kaspar Hauser

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geschehen im Auftrage von Leuten, denen Kaspar ernstlich 
im Wege stand, also im Auftrage des Herrscherhauses. Dem 
Markgrafen Wilhelm, dem Herr v. Artin schon weniger 
höflich begegnet, als seinem Bruder Leopold, konnte aus dem 
Morde nur wenig Aussicht auf den Thron erwachsen, da der 
Großherzog männliche Nachkommenschaft hatte, es hätte denn 
wieder solch unheimliches Sterben einreißen müssen, wie 
unter den Nachkommen Karl Friedrichs. Daß er ohne eignen 
Nutzen, nur der Dynastie zu Liebe den Mord anordnete, ist 
wenig wahrscheinlich. Ist Kaspar wirklich durch Hennenhofer 
beseitigt worden, so fällt der Verdacht der Urheberschaft 
unbedingt auf den Nächstinteressierten: auf den Großherzog 
Leopold. Solch Verdacht aber stimmt wenig zu allem, was 
wir über den Charakter dieses Mannes wissen. 
Merkwürdig ist, was Herr v. Artin über das Benehmen 
der Großherzogin Stephanie sagt. Sie interessirte sich für 
die Hauserfrage. Das Gerücht, ihr vermeintlich 1812 ge— 
storbener Sohn sei noch am Leben, kam auch ihr zu Ohren. 
Wenn sie nun wirklich etwas Glaubwürdiges daran fand, so 
würde doch das heiligste Gefühl der Mutterliebe sie zu den 
allerenergischsten Schritten zu einer Vereinigung mit ihm 
getrieben haben, was für Schwierigkeiten ihr der Großherzog 
auch in den Weg legen mochte. Aber von solchen ernstlichen 
Unternehmungen hören wir nichts. Die Ausrufungen, die sie 
eines Nachts gethan, wie eine Kammerfrau auf einer Gesell— 
schaft der Gräfin Bodmer erzählte, sind in traumhaftem Zu— 
stande geschehen. Daß sie bei den vielen Gerüchten, ihr Sohn 
lebe noch und sei identisch mit Kaspar Hauser, derartiges 
träumte, kann uns bei der ohnehin reizbaren und nervösen 
Frau nicht Wunder nehmen. Uebrigens darf man auch 
Klatschereien einer Kammerfrau in Damengesellschaft mit 
Vorsicht aufnehmen. 
Gleich anderen Verteidigern Hauser's stützt sich Herr
	        
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