Volltext: Kaspar Hauser

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geizige und egoistische Berechnungen mögen übrigens noch bei 
manchen, die sich Kaspars mit Wärme annahmen und die 
Echtheit seiner Aussagen verteidigten, mehr oder minder 
bewußt mitgewirkt haben, wenn auch aufrichtige Sympathie, 
verbunden mit der Liebe zum Romantischen das Haupt— 
moment bildete. Wurde Hauser als das Kind reicher und 
hochgestellter Eltern, die ihn so lange vermißten, ermittelt, 
— 
zur Ermittelung der Wahrheit beigetragen hatten, au wärmstem 
Danke verpflichtet. 
Sehr zu statten kam Kaspar Hauser, daß einer der 
ersten Besucher, ein scharfsinniger Jurist und namhafter Ge— 
lehrter, Anselm v. Feuerbach, für ihn eintrat und unter 
Ausschluß jeden Zweifels an der Wahrheit seiner Angaben 
ein interessantes Seelengemälde von dem durch die grausame 
Haft um seine Kindheit Betrogenen entrollte. Mit den 
Resultaten, die er bei der psychologischen und physiologischen 
Untersuchung erzielte, stimmen die von Dr. Osterhausen, 
Binder und Professor Daumer, in dessen Pflege Kaspar bald 
darauf gebracht wurde, überein. Herr v. Artin wirft die 
Frage auf: „Sollen alle diese Männer Betrüger oder Narren 
gewesen sein?“ Hierauf erwidere ich: Nein! Bewußte 
Betrüger, die gegen ihre Ueberzeugung aussagten, sind sie 
sicher nicht gewesen. „Narr“ ist kein Ausdruck, mit dem ich 
einen wissenschaftlichen Forscher, der zu andern Resultaten 
als ich gelangt ist, zu belegen pflege. Hingegen stehe ich 
nicht an, auf Daumer den Ausdruck Phantast anzuwenden. 
Ein geistreicher, empfänglicher, phantasievoller Schriftsteller, 
hat er namentlich auf theologischem und philosophischem 
Gebiete zeitlebens zwischen Extremen irrlichteliert und ent— 
behrt jeder wissenschaftlichen Stetigkeit. Solch ein Vorwurf 
läßt sich nun freilich Feuerbach nicht machen. Er hat sich 
auch in der Hauserfrage als ernster, gründlicher Forscher
	        
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