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erhob dieser sofort Einspruch bei dem Markgrafen von Ansbach, woran
sich dieser freilich nicht kehrte, und als dann mit Bewilligung der
Domprobstei Bamberg, welche die Landeshoheit über die Hofmark
behauptete, weitere Niederlassungen von Juden daselbst erfolgten,
wandte sich der Rat mit seinen Protesten nicht bloß nach Bamberg,
sondern sogar an den Kaiser, um ein Verbot gegen die Juden zu
erwirken. Die wiederholten Proteste in Ansbach, Bamberg und Wien
erwiesen sich als fruchtlos; der Rat ermüdete jedoch nicht, den Verkehr
seiner Bürger mit den Juden in Fürth und anderen Plätzen durch
Polizeiverbote zu hemmen und zu hindern. Den Bürgern, Schutz—
berwandten und Unterthanen von Nürnberg wurde verboten, Fleisch in
Fürth zu kaufen; zu wiederholten Malen wurde gewarnt und verboten,
daß sich die Bürger der Stadt, von Gostenhof, Wöhrd, sowie die
Unterthanen in des Rats Städten, Flecken u. s. w. in Geldgeschäfte mit
den Juden einlassen; ja es wurde sogar i. J. 1573 von Maximilian II.
ein kaiserliches Mandat erwirkt, in welchem allen Juden bei Strafe ver—
boten wird, an die Bürger der Stadt und des Gebiets von Nürnberg
gegen oder ohne Unterpfand, mit und ohne Wucher etwas zu leihen.
Von den Judenhetzen des Mittelalters sagt Gustav Freytag,
daß „diese Schmach erst der Protestantismus gebändigt
habe.“ Dieser Ausspruch des gefeierten Schriftstellers erhält durch
die seltsamen Blüten und Früchte, welche am Ausgang unseres Jahr—
hunderts der Antisemitismus gerade im protestantischen Norden gezeitigt
hat, nichts weniger als seine Bestätigung. Der Rassen- und Glaubens—
haß hat eben ein anderes, ein modernes Gewand angezogen. Und
auch der engherzige Geist, welcher uns aus den oben angeführten
Polizeiverordnungen E. E. Rats der protestantischen Reichsstadt
Nürnberg entgegenweht, zeigt, daß man auch im 16. Jahrhundert
nach der Begründung des Protestantismus noch weit entfernt war
von den humanen Anschauungen einer viel späteren Zeit. Von den
massenhaften Judenverfolgungen des ausgehenden Mittelalters zeigen
das 16. und 17. Jahrhundert allerdings keine Wiederholungen.
Der wilde Geist eines dumpfen Fanatismus suchte damals andere
Opfer, wie uns die Hexenverbrennungen lehren. Die stürmischen
Bewegungen der Reformationszeit, die erbitterten Streitigkeiten der
christlichen Glaubensparteien untereinander, der erbarmungslose Kampf
der alten Kirche gegen die Anhängerschaft der neuen Lehre in vielen
Ländern mußte notwendigerweise die Geister von dem einseitigen Wüten
gegen die Judenschaft ablenken. Die deutsche Christenheit war viel zu sehr
mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt, als daß sie sich auch
noch mit Judenhetzen hätte abgeben können. Auch konnten die Bahn—
brecher einer milderen Zeit nicht aus den Reihen der Anführer der in