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Fremden in selbstlosester Gastlichkeit den Zutritt in die Anlagen
wie in die Zimmer des Schlosses. Im Jahre 1835, am Tage
der Schlacht bei Leipzig, wurde dasselbe, wie Prinz Wilhelm in
dem von ihm angelegten Fremdenbuche selbst aufgezeichnet hat—
„‚durch ein Déjeuner en famille eingeweiht.“
Die Familie des Prinzen war nicht zahlreich. Friedrich
Wilhelm, am 18. Oktober 1831 geboren, der nachmalige Kaiser
Friedrich IIII war damals das einzige Kind seiner Eltern. Zu
ihm gesellte sich jedoch eine Schwester, die, am 3. Dezember 1838
geboren, den Namen der verewigten Großmutter, der Königin
Luise, erhielt.
Für den alternden König war es ein großer Trost, daß er
durch die Geburt seines Enkels Friedrich Wilhelm die Thron—
folge gesichert wußte. Dieser war voraussichtlich der künftige
Thronerbe, da die Ehe des Kronprinzen kinderlos war. Das
Jahr 1840 brachte den Thronwechsel, der bei dem Alter und
der zunehmenden Kränklichkeit des Königs zu erwarten stand.
Die Zahl 40 war in den letzten Jahrhunderten für das
preußische Königshaus bedeutsam gewesen. Im Jahre 1640
wurde der große Kurfürst Herrscher der brandenburgisch-preußischen
Lande, im Jahre 1740 bestieg Friedrich der Große den preußischen
Königsthron. Das Andenken dieses Königs, der Preußens Ruhm
und Macht so hoch erhoben hatte, wollte Friedrich Wilhelm für
die Mit- und Nachwelt erneuern durch ein Reiterstandbild, das
Unter den Linden vor dem Palais des Prinzen Wilhelm errichtet
werden sollte. Für den 1. Juni bestimmte er die Grundstein—
legung. Da ihn selbst die Krankheit an das Bett fesselte, so
beauftragte er den Prinzen Wilhelm, alle Vorbereitungen zu der
Feier zu treffen und die Führung der Truppenabteilungen zu
übernehmen, welche zu derselben befohlen waren. Mit gewohuter
Pünktlichkeit vollzog der Prinz den Auftrag des Königs, der von
einem Fenster des königlichen Schlosses, in einem Stuhle sitzend,
den glänzenden Aufmarsch der Truppen und den Verlauf der
Feier mit ansah und nachher dem Prinzen seine Anerkennung
aussprach. Der Zustand des Königs verschlimmerte sich aber
von dem Tage der Feier an zusehends. Kaiserin Charlotte und
ihr Gemahl Nikolaus, von dem bevorstehenden schmerzlichen