Metadata: Albrecht Dürer

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eine treffliche Gelegenheit. Seit dem Anfange des Jahrhunderts 
stand Antwerpen an der Spitze des niederländischen Handels und 
der niederländischen Kunst. Dort strömten die Schätze der Welt 
zusammen, dort sammelte sich der europäische Verkehr und 
drängten auf den Strassen die Vertreter der verschiedensten Völker: 
dorthin war auch die früher besonders in Brügge, Gent und Löwen 
blühende Kunst eingewandert. In die Antwerpener Malerschule war 
aber gleichzeitig ein neuer Geist eingezogen. Porträt- und Cha- 
rakterfiguren wurden von den Künstlern mit Vorliebe geschaffen 
und mit überraschender Lebenswahrheit ausgestattet. Die Lösung 
der einen Aufgabe erleichtert der hier hochentwickelte Farbensinn, 
an dessen Erziehung Dürer erst jetzt, da ihm ähnliche Ziele vor- 
schwebten, gehen konnte. Nicht Italien lockte ihn wie in seiner 
Jugend; die Niederlande zogen ihn jetzt unwiderstehlich an. Es giebt 
keine Thatsache, welche den Umschwung in Dürers künstlerischem 
Streben so klar an das Licht brächte, als dieser Wechsel in der 
Wertschätzung italienischer und nordischer Kunst. Dass Dürer 
durch die Wahl der Niederlande auch seine nationale Natur un- 
verschrt bewahrte, während diese in Italien wahrscheinlich eine starke 
Einbusse erlitten hätte, bedarf keiner besonderen Versicherung. 
Die persönliche Entwickelung und die nationale Richtung wurden 
durch die Niederländische Reise gleichmässig gefördert. 
Am 12. Juli 1520 brach Dürer mit Weib und Kind und einer 
stattlichen Ladung ‚Kunstwaren‘“ von Nürnberg auf. Auf dem 
langen Wege durch vieler deutscher Herren Lande erfreute er sich 
reicher Gastfreundschaft und mannigfacher Förderung. Der Bischof 
von Bamberg (Georg IM. Schenk von Limburg) gab ihm für sein 
Gebiet einen Zollfreibrief und löste ihn aus der Herberge, sein alter 
Gönner Jakob Haller in Frankfurt schickte ihm Wein in die Her- 
berge und als er in Mainz das Rheinschiff bestieg, brachte ihm 
noch Leonhard der Goldschmied zur Verbesserung seines Mund- 
vorrats Wein und Vögel, um bis Köln zu kochen. Die wander- 
lustigen Humanisten hatten ihm vorgearbeitet. Allerorten sassen 
ihre Freunde und Anhänger. Wer in ihrem Kreise bekannt war, 
und das war Dürer, durfte einer wohlwollenden Aufnahme sicher 
sein. Er traf fast überall Bewunderer und Gönner. Und so ge- 
schah es auch unserem Dürer, dass ihn in Boppard der Zöllner 
Eschenfelder völlig zollfrei ziehen liess, obschon sein Bamberger 
Freibrief hier nicht mehr galt. Dieser Eschenfelder hatte zwischen 
seinen Zollregistern noch Schriften des Erasmus liegen und Eras-
	        
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