18
hundert fast das einzige Städtegedicht in deutscher Sprache.)
Älter ist allerdings ein Reimspruch, der in der einzigen
Handschrift, die uns von ihm bekannt ist, die Überschrift
trägt: ‘Ein /ag von der Edlen vnd wirdigen Stat Nuren-
berg’'.?) Thatsächlich aber handelt es sich hier nicht um
ein Städtegedicht, das Werden und Wesen des gepriesenen
Ortes im einzelnen darstellte, sondern um ein historisches
Spruchgedicht in der Art der von Lilieneron gesammelten
Sprüche: im Jahre 1424 — das bietet auch einen Anhalt
für die Datierung — wurden die Reichskleinodien den
Nürnbergern in Verwahrung gegeben; der ungenannte
Dichter stellt diese "Thatsache fest und beschreibt den
Schatz im einzelnen: dabei wird die Stadt mit ein paar
Lobeserhebungen bedacht und ihre funkelnagelneue Heilig-
keit mit der Heiligkeit anderer Städte verglichen, geradeso
wie die Wappendichter in historischen Reimsprüchen das
Lob ihrer fürstlichen Herren nicht vergassen, wie z. B.
Rosenplüt selber später den Herzog Ludwig feierte. Rosen-
plüt wird dies Gedicht von den Reichskleinodien gekannt
und für ein paar Einzelheiten benutzt haben*), das erste
deutsche Städtegedicht aber hat doch er erst im Jahre 1447
veliefert.
1) Vgl. die Zusammenstellungen LLD. 12, p. XII.
2) Gedruckt A. v. Keller, Fastnachtspiele S. 1168—71.
8) Roethe a, a. 0. Wäre nicht diese Benutzung auf das Einfachste
erklärt, wenn wir annehmen könnten, das Gedicht von den Reichs-
kleinodien sei von Rosenplüt selbst verfasst? Ich weiss einen Umstand,
ler zur Bejahung dieser Frage lockt: die Beobachtung, dass die Schluss-
reime des Spruchs gut — muot sind und also einen verlorenen dritten
Reim auf Rosenplüt unschwer konstruieren lassen (vgl. auch Michels
S. 128 ff). Doch mögen unsere Rosenplütforscher entscheiden. Dass
der Spruch recht ungeschickt ist, ist noch kein Gegenbeweis, denn wir
hätten es mit Rıs ältester datierbarer Dichtung zu thun, undinur mit
den beiden Böhmensprüchen dürften wir ihn vergleichen.