6. Die Neubildung der protestantischen Pfarrei Steinbühl.
Seit lange war für die Vorstädte Gostenhof und Steinbühl ein
ständiger Vikar angestellt, dem die seelsorgerliche Pflege der evange—
lischen Bewohner und der Religionsunterricht in den Schulen daselbst
anvertraut waren. Allmählich aber hatte sich die Bevölkerung derart
vermehrt, daß eine Trennung sich als notwendig erwies. Zufolge
Anordnung der hohen Kirchenbehörde wurde vonmt J. Januar 1885
ab ein eigener Hilfsgeistlicher für Steinbühl abgesendet. Im Laufe
des Jahres 1888 tauchte für den mit großem Segen bestehenden
Kindergottesdienst in Steinbühl eine wichtige Frage auf. Sein bis—
heriges Cokal, in dem er fünf Jahre war, wurde ihm gekündigt.
Nun hieß es, entweder ein Lokal sich beschaffen, wo man ungehindert
längere Zeit bleiben kann, oder die Einrichtung des Kindergottes—
dienstes auflösen. Zum Sweiten wollte und durfte man sich nicht
entschließen und die Erreichung des Ersten verursachte viele Mühe.
Jedoch der damalige Hilfsgeistliche Herr Oscar Sauerteig, der für
Steinbühl die ganze Thatkraft seiner Person einsetzte und der sich
durch seine Pflichtireue ein bleibendes Denkmal in den Herzen der
Steinbühler errichtet hat, war zähe und ruhte nicht, bis ein gefaßter,
wohlerwogener Entschluß ausgeführt war. Und so gelang es ihm
denn auch wirklich, in der Tafelfeldstraße 44 das Parterre zu einem
Saale unizuwandeln, worin die Kindergottesdienste stattfinden konnten.
Die Kosten für den „Betsaal“, der zunächst auf fünf Jahre gemietet
war, waren nicht unbeträchtliche. Sie wurden seit Ende 1888 bis
jetzt durch Freiwilligkeit geleisstet von Gönnern und Freunden, die
zumeist auch den Kürchenbau thatkräftigst unterstützten. Der Konfir⸗
manden⸗ und Präparandenunterricht der Steinbühler und Gibitzenhöfer
Uinder wurde gleichfalls in den Betsaal verlegt. Trotzdem glaubte
man aber in dem Kreise, der für die Aufbringung der Mittel zum
Unterhalte des Betsaales sorgte, zu der Auffassung berechtigt zu sein,
daß mit der Abhaltung des Kindergottesdienstes und des Vorbereitungs
unlerrichtes zur Konsirmation der verfüghare Saal nicht genug aus—
genützt werde. Vier Männer aus Steinbühl wendeten sich deshalb
üntermn 18. Oktober 1888 an das k. prot. Pfarramt St. Leonhard
mit der Bitte, im Betsaale öffentliche Gottesdienste einführen zu
dürfen. Nach Begutachtung dieser Bitte seitens des Kirchenvorstandes
in St. CLeonhard, was während der Verwesungszeit unter Herrn Pfarr
verweser Karl Heckel, gegenwärtig Pfarrer in Kammerstein, geschah,
und der vorgesetzten kirchlichen Behörden genehmigte das hohe Ober⸗
konsistorium die erbetenen Gottesdienste und zwar so, daß abwechs⸗
lungsweise an einem Sonntage morgens und am andern Sonntag
abends Predigtgottesdienste stattfinden durften. Rasch war die an
700 M. betragende Einrichtung durch freiwillige Gaben beschafft,
und am 1. Januar 1889, abends 5 Uhr, wurde durch den Hilfs—
geistlichen Herrn Sauerteig, in Gegenwart des herrn Dekan Heller,
der erste öffentliche Gottesdienst in Steinbühl abgehalten. Das Spielen
des Harmoniums, womit der Gemeindegesang begleitet wurde, hatte,