Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1926/27 (1. April 1926 bis 31. März 1927) (1926/27 (1927))

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Gesundheitswesen und Jugendpflege 
Kräfte infolge des geringen Lohnes immerhin noch leichter Arbeit finden als ältere, dann scheint es 
auch, daß unter dem Druck der in den letzten Jahren planmäßig ausgebauten Wandererfürsorge und 
Wandererkontrolle das Wandern an Beliebtheit sehr abgenommen hat. Von der Polizei wurden im 
Berichtsjahr 42 Obdach- und Mittellose zugewiesen. Diese fanden sämtlich im Städtischen Knabenheim 
Aufnahme und fürsorgerische Weiterbehandlung. 
Notstandsarbeiten für erwerbslose Jugendliche. Es wurden Notstands⸗ 
arbeiten sowohl für männliche, als auch für weibliche Jugendliche durchgeführt. Die männlichen 
Jugendlichen wurden in zwei Gruppen auf getrennten Arbeitsplätzen beschäftigt. Die Gruppe 
der „Gefährdeten“ arbeitete auf dem Gelände des Landwirtschaftsamtes in Altenfurth und später auch 
in Mittelbüg, die Gruppe der „Nichtgefährdeten“ auf Gut Hürth bei Treuchtlingen. Die Beschäftigungs— 
dauer betrug im Einzelfalle 13 Wochen; die Entlohnung wurde nach jugendfürsorgerischen Gesichts— 
punkten geregelt. Neben der technischen Aufsicht war bei jeder Kolonne ein Jugendführer (Jugend⸗ 
pfleger). Es nahmen insgesamt 405 gefährdete und 537 nichtgefährdete Jugendliche an diesen Not— 
standsarbeiten teil, die Gesamtzahl der Beschäftigten betrug also 942, das ist gegenüber dem Vorjahre 
eine Steigerung auf über das Dreifache. 
Bei den Notstandsarbeiten für weibliche Jugendliche, die am 21. Oktober 1926 be— 
gannen, waren 206 Mädchen beteiligt. Diese wurden mit Häkel- und Bastarbeiten und Verfertigung 
von Hausschuhen beschäftigt. Auch bei diesen Jugendlichen war eine Gruppeneinteilung nach Ge— 
fährdeten und Nichtgefährdeten erforderlich. Es waren Gefährdete und — Nichtgefährdete. Die 
Arbeiten wurden in drei getrennten Betrieben der Stadt durchgeführt. Entlohnung erfolgte nach den 
gleichen Gesichtspunkten wie bei den männlichen Jugendlichen. 
Jugendpflegerische Maßnahmen fürerwerbslose Jugendliche. Neben 
den vom Schulreferat und Berufsamt errichteten Kursen zur beruflichen Weiterbildung hat das 
Jugendamt die Durchführung der jugendpflegerischen Maßnahmen im engeren Sinne übernommen. 
Und zwar für diejenigen schulentlassenen Jugendlichen, die nicht von den oben genannten Sonder— 
maßnahmen für Erwerbslose erfaßt werden konnten und die besonders darunter leiden, daß sie den 
Tag über infolge mißlicher Familienverhältnisse und wirtschaftlicher Not keinen geeigneten Auf— 
enthaltsort haben. Es wurden deshalb Tagesräume (2 für männliche und 1 für weibliche 
Jugendliche) eingerichtet, in denen sich die Jugendlichen tagsüber jederzeit aufhalten können. In 
jedem Tagesraum stehen eine gute Handbibliothek, Zeitschriften, Zeitungen und Spiele zur Verfügung. 
Besonderer Wert wurde auch darauf gelegt, den Aufenthalt für die Weiterbildung insbesondere im 
Sinne einer Berufsfortbildung auszunützen. Täglich finden in jedem Tagesraum regelmäßig Vorträge 
mit anschließenden Besprechungen statt. Da die die Räume besuchenden Jugendlichen den verschiedensten 
Berufsarten angehören, war es nicht möglich, besondere Fachkurse abzuhalten; das Jugendamt mußte 
sich auf solche Gebiete beschränken, die zur Erweiterung des Berufs- und Allgemeinwissens dienen. 
Die Vorträge wurden von Persönlichkeiten, die der Jugendbewegung, Schule usw. angehören, 
gehalten. Für jeden Tagesraum wurde ein Jugendführer bzw. eine Jugendführerin aufgestellt, den 
Jugendführern der zwei Räume für männliche Jugendliche wurde noch ein Gehilfe beigegeben. Die 
Jugendführer haben neben den genannten Vorträgen Besprechungen über Sondergebiete usw. zu 
halten. Im Tagesraum für Mädchen war auch Gelegenheit zum Flicken, Nähen, Handarbeiten, An— 
fertigung von Spielzeug usw. gegeben. Weiter wurden noch Tageswanderungen in die nähere Um— 
gebung ausgeführt und Spielnachmittage (Fußball, Handball, Leichtathletik) veranstaltet. 
Die Besucherzahlen betrugen in den Tagesräumen für männliche Jugendliche: Im Stadt— 
jugendhaus (8. November 1926 bis 31. März 1927) 4220, davon 4181 Unterstützungsempfänger, im 
Lehrlingsheim (6. Dezember 1926 bis 31. März 1927): 2998, davon 29835 Unterstützungsempfänger; 
für weibliche Jugendliche: im Stadtiugendhaus (24. Januar bis 15. März 1927): 467, davon 228 
Unterstützungsempfänger. 
Für erwerbslose Mädchen wurden Mütterkursse eingerichtet. In diesen wurden die wich— 
tigsten Fragen, Mutter und Kind betreffend, besprochen und praktische Ubungen, wie Baden, Wickeln 
usw. vorgenommen. Den ärztlichen Teil hatte ein Arzt übernommen und in den praktischen Teil 
teilten sich die Oberin und 2 Fürsorgerinnen der Säuglings- und Kleinkinderpflege. Für den er— 
zieherischen Teil wurde eine Oberlehrerin der Berufsfortbildungsschule und eine Jugendleiterin 
gewonnen.
	        
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