Full text: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1926/27 (1. April 1926 bis 31. März 1927) (1926/27 (1927))

Gesundheitswesen und Jugendpflege 
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A nt ra geau fFürsorgeerziehung. Die Abteilung Jugendschutz hat im Berichtsjahr 
für 171 Kinder Fürsorgeerziehungsanträge gestellt. Dies bedeutet gegenüber dem Vorjahr (149) eine 
Steigerung um 27 Kinder. Von diesen Anträgen waren am Ende des Berichtsjahres 162 durch das 
Gericht verbeschieden, 9 liefen noch. Bei 11 Kindern wurde dem Antrage auf Fürsorgeerziehung vom 
Gericht nicht stattgegeben. In 7 Fällen hiervon wurden zwar die Anträge nicht abgewiesen, aber das 
ordentliche Fürsorgeerziehungsverfahren ausgesetzt und für die Zwischenzeit eine Schutzaufsicht ange— 
ardnet. In 1 Fall zog das Jugendamt den Antrag zurück. Nur in 3 Fällen wurde der Antrag ab— 
gelehnt, hierbei handelte es sich in 2 Fällen um über 18jährige Jugendliche, bei denen sich das Gericht 
keinen Erfolg der Fürsorgeerziehung mehr versprach. 
Anträge auf Entzugdes Rechts der Sorge für die Person der Kinder. 
Es wurden 4 Anträge gemäß 8 1666 BGB. gestellt. In 2 Fällen mußte die Enthebung eines Vor— 
mundes und Aufstellung eines anderen Vormundes beim Vormundschaftsgericht beantragt werden. 
Auch diesen Anträgen wurde stattgegeben. Um die Berufsausbildung eines Jungen zu gewährleisten, 
wvurde auf Veranlassung des Jugendamtes hin ein Vater entmündigt. 
Von den dem Jugendamt polizeilich gemeldeten 21 Kindsmißhan dlungen führte 
eine zu einer gerichtlichen Verurteilung der Eltern. Die Meldungen waren häufig Anlaß, eine form— 
lose Schutzaufsicht auszuüben. 
Wirtschaftliche Beihilfen. Um einen erzieherischen Einfluß zu gewinnen, ist es not— 
wendig, daß gelegentlich auch wirtschaftliche Beihilfen gewährt werden. In 200 Fällen wurden an 
Zchützlinge Kleidungsstücke abgegeben, davon in 188 Fällen ohne Gegenleistung. Bedürftigen Lehr— 
lingen wurde in 15 Fällen kostenlose Mittagskost vermittelt. 
Anterbringung in Familien und Anstalten im Einverständnis mit 
den Erziehungsberechtigten. In 46 Sitzungen des Kinderfürsorgeausschusses des Bezirks⸗ 
rürsorgeverbandes Nürnberg wurden 145 Anträge auf Unterbringung in Familien oder Anstalten 
genehmigt. Mit Hilfe des Landesvereins für Innere Mission und des Caritasbureaus konnten 48 ge— 
sfährdete Jugendliche in Pflege bzw. in Lehrstellen mit Kost und Wohnung vermittelt werden. 
Arbeits-und Berufsfürsorge. Ein wichtiger und dankbarer Zweig der Tätigkeit 
des Jugendschutzes ist die Arbeits- und Berufsvermittlung. Der gefährdeten, aus der Schule ent— 
assenen Jugend muß von vornherein ein besonderes Augenmerk zugewendet werden, um sie 
rechtzeitig dem geeigneten Berufe zuzuführen. Daneben gilt es aber auch, eine nicht geringe Zahl ge⸗ 
scheiterter Lehr⸗ und Arbeitsverhältnisse wieder herzustellen. Angesichts der starken Wirtschafts— 
depression gestaltete sich die Vermittlung arbeitsloser Jugendlicher besonders schwierig. Die ganze 
dätigkeit vollzog sich in enger Zusammenarbeit mit dem Arbeits— und Berufsamt. Von den beim 
Arbeitsamt gemeldeten jugendlichen Hilfsarbeitern (von 142418 Jahren) waren rund 50 Prozent 
Schützlinge des Jugendamtes. Dem beim Arbeitsamt tätigen Jugendpfleger bzw. der Jugend⸗ 
oflegerin obliegt auch die Aufgabe, den Jugendlichen nachzugehen, die zwar arbeitslos gemeldet sind, 
aber nicht mehr zum Stempeln erscheinen, oder solche aufzusuchen, die in Arbeit vermittelt wurden und 
diese nicht antraten, ein bedauerliches Zeichen dafür, wie der dauernde Arbeitsmangel bereits den 
Arbeitswillen geschwächt hat. Im einzelnen waren die Ergebnisse dieses Arbeitszweiges folgende: 
Es wurden in Arbeits- und Dienststellen untergebracht durch ein Zusammenwirken von 
Jugendamt, Arbeitsamt und den privaten Jugendfürsorgevereinen 185 männliche und 226 weibliche 
Jugendliche. Die Gesamtzahl der in Arbeits- und Dienststellen untergebrachten Jugendlichen beträgt 
111. Durch ein Zusammenwirken von Jugendamt, Berufsamt und den privaten Jugendfürsorgever— 
einen wurden in Lehrstellen untergebracht 84 männliche und 16 weibliche Jugendliche. Die Gesamt—⸗ 
zahl der in Lehrstellen untergebrachten Jugendlichen betrug 100. Die Arbeits- und Berufsfürsorge 
wurde also mit Erfolg ausgeübt bei insgesamt 511 Jugendlichen. Dies bedeutet eine Steigerung gegen— 
über dem Vorjahr um 115 Fälle. 
Fürsorge für die wandernde Fugend. Die Durchführung der Wandererfürsorge 
wurde vor zwei Jahren so geregelt, daß sämtliche Jugendliche unter 18 Jahren dem Jugendamt zuge— 
führt werden, das dann die geeigneten Maßnahmen veranlaßt. Diese Einrichtung hat sich bewährt 
und es zeigte sich, daß nicht selten nicht nur unterstützende, sondern auch rein erzieherische Maßnahmen 
zu treffen waren. Die Zahl der jugendlichen Wanderer hat erheblich nachgelassen. Im Berichtsjahr 
daren es 163, im Vorjahre 223. Dieser Rückgang ist teilweise damit zu erklären, daß die jugendlichen
	        
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