Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1926/27 (1. April 1926 bis 31. März 1927) (1926/27 (1927))

14 
Denkwürdige Vorfälle 
buck, Rosenau und Leonhardspark sowie im Prater in Fürth, woselbst politische Ansprachen gehalten 
wurden und turnerische Vorführungen und musikalische Vorträge mit einander abwechselten. Der 
Sonntag brachte morgens um 8 Uhr einen Festzug der Festteilnehmer. In über eineinhalbstündiger 
Marschlänge bewegte sich derselbe durch die Laufer Gasse, Theresienstraße, Hauptmarkt, Fleischbrücke, 
Kaiserstraße, Ludwigstraße, Plärrer, Frauentorgraben, Celtistunnel, Pillenreuther Straße, Wölckern— 
straße, Allersberger Straße, Wodanplatz zum Luitpoldhain. Alle Straßen, die der Zug berührte, 
waren in reichem Flaggenschmuck und Zurufe grüßten die Zugsteilnehmer. Der Zug wurde eröffnet 
bom Arbeiter-Turn- und Sportkartell, dessen Mannschaften in Weiß gekleidet waren. Voran schritten 
Bläser, die mit helltönigen Instrumenten das Herannahen des Zuges schon von weitem ankündigten. 
Es folgte der Bundesvorstand mit dem Reichsbundesbanner, dann kamen die Wiener mit ihren Fahnen 
in stattlicher Zahl, Eisenbahn- und Telegraphenarbeiter aus Osterreich, besonders aus Steiermark und 
Salzburg, es felgte das deutsch-österreichische republikanische Studentenkartell und schließlich erschien 
die aus Neustadt in der Pfalz von Pfälzer Teilnehmern mitgebrachte Hambacher Fahne, der eine außer— 
gewöhnliche Ovation zuteil wurde. Weiterhin kamen mit ihren Musikkapellen die einzelnen Teil— 
nehmergruppen von fern und nah, an der Spitze die Berliner. Sehr stark war der Gau Franken ver— 
treten, der Bezirk Nürnberg-Fürth allein mit 10000 Mann. Der Vorbeimarsch gestaltete sich in allen 
Straßen musterhaft ohne Zwischenfälle. Am Festplatz im Luitpoldhain, zu dem nur Karteninhaber Zu— 
tritt hatten, traf die Zugsspitze gegen 411 Uhr ein. UÜber anderthalb Stunden dauerte es, bis der letzte 
Zugsteilnehmer die Eingangspforte passiert hatte. Ein imposantes Bild bot der Wald der Fahnen, die 
iich auf der obersten Stufe der Terrasse gruppierten. Um 812 Uhr begann der Festakt mit einem 
musikalischen Vortrag und Gesang von etwa 1000 Sängern des Arbeiter-Sängerkartells Nürnberg. 
dierauf überbrachte Reichstagsabgeordneter Hans Vogel die Grüße des Gauvorstandes Franken und der 
Ortsgruppenleitungen Nürnberg und Fürth und der Vertreter des Bundesvorstandes Höltermann— 
Magdeburg die Grüße des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. Sodann hielten Ansprachen Reichs— 
tagsabgeordneter Hermann Müller-Franken als Vertreter der SPD., Reichstagsabgeordneter Dr. 
Krone-Berlin als Vertreter der Zentrumspartei, preußischer Landtagsabgeordneter Hartmann— 
Berlin als Vertreter der Deutschen Demokratischen Partei, Vizebürgermeister Püchler-Wien für 
den Republikanischen Schutzbund Deutsch-Osterreichs sowie Oberpräsident Hörsing-Magdeburg, der 
zum Schluß ein Hoch auf die großdeutsche Republik ausbrachte. Von 2 Uhr ab fanden im Luitpold⸗ 
hain große Konzerte in der Festhalle, dem Festzelt und auf dem Festplatz mit turnerischen Vor— 
ührungen der Arbeiterturnvereine, Kunstreigen. Kunstfahren und Radballspielen der „Solidarität“ 
tatt. 
Zur Verfassungsfeier hatte das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold eine Festschrift herausgegeben, 
zu der eine Reihe von bekannten Persönlichkeiten Beiträge geliefert hatten. Otto Hörsing schreibt darin 
über „Die Tat von Weimar“, Oberbürgermeister Dr. Luppe über „Kultur und Fürsorge im neuen 
Nürnberg“, Hermann Müller-Franken über „Reichsbanner und Staatserhaltung“, Nationalrat 
Dr. Deutsch-Wien über „Der Republikanische Schutzbund Osterreichs“, Reichsminister Erich Koch 
über „Revision der Reichsverfassung“ usw. In größeren Artikeln werden ferner die Schönheiten 
Nürnbergs und der Fränkischen Schweia gewürdigt, auch ein kurzer Abrik der Nürnberger Geschichte 
ist der Festschrift beigegeben. 
Eine Festausgabe zur Nürnberger Verfassungsfeier gab das „Panier“, die in Nürnberg er— 
scheinende republikanische Monatsschrift, heraus. Nach einer von Polizeioberst a. D. Dr. H. Schützinger 
geschriebenen Jahresbilanz über das siebente Jahr der Republik kommen u. a. zu Wort: Oberbürger⸗ 
meister Dr. Luppe-Nürnberg zum Thema der republikanischen Union, Reichskanzler a. D. Jos. Wirth 
mit einem größeren Beitrag über den Sinn des Verfassungstages, Landtagsabgeordnete Lina Ammon 
über „Die Frau und die republikanische Reichsverfassung“, Maior a. D. Franz Carl Endres über 
„Deutschland und der Völkerbund“ usw. 
22. August 1926. Weihe der Glocken für die Ludwigskirche. Sonntag, den 
22. August, vormittags 9 Uhr, fand die Weihe der fünf mächtigen, künstlerisch hervorragend in der 
Glockengießerei Hahn in Landshut gegossenen Bronzeglocken statt. Nach dem feierlichen Zeremoniell 
sprach der Geistliche Rat Stadtpfarrer Gamelbert in längeren Ausführungen über den Bau der Kriegs— 
gedächtniskirche St. Ludwig, die innerhalb drei Jahren bis auf die Innenausstattung unter den größten
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.