Objekt: Das alte Nürnberger Kriminalrecht

202 B. Besonderer Teil. IIE Verletzungen an der Ehre. 
Schrecken Erkrankte gesundet wieder, aber auch der Täter wird 
rasch —- durch den Scharfrichter von seinem Leiden erlöst.®\ 
In das Haar oder den Bart zu greifen, gilt von jeher als 
gröbliche Verletzung; die PU. warnen vornehmlich den Gast, dies 
dem Bürger gegenüber zu betätigen. Das Entführen einer Tochter, 
wie der unbefugte Umgang mit dieser fällt unter den Gesichtspunkt 
eines frevelhaften Eingriffes in das Recht des Vaters, den Gatten 
seines Kindes zu wählen und zu bestätigen. Das Entkleiden eines 
Klerikers veranlafst zehnjährige Verbannung und Ohrenverlust, das 
Ölen bezw. Prügeln von Juden fünf Jahre.?) 
Der Tatbestand der Verleumdung ist erst erfüllt, sofern die 
inkriminierende Äulserung dem Bezichtigten durch eine dritte 
Person zur Kenninis kommt. Der älteste Fall ist 1310 im Acht- 
buch verzeichnet; eine Hedewigis wird lebenslänglich beim Hängen 
verbannt, da sie einer andern deduxit res et honores.!®) 
Sehr beliebt ist die Beschuldigung wegen Meineids; da ein 
Nachweis desselben indefs nur sehr schwer zu erbringen. so wandert 
der Unbedachte meist in das Gefängnis oder Exil. Höher normiert 
ist noch die Bezichtigung des Diebstahls. Ein junger Bursche, 
welcher die Unwahrheit seiner Behauptung freiwillig bekannte, 
sühnt mit Rutenstrafe und ewiger Verweisung, erleidet also gleich- 
sam Talion. 1478 verbannt man Vater und Sohn auf fünf bezw. 
drei Jahre: „ymb das Sie vber gelobten und gesworen friden 
N. W. seiner eren und Lewmunds fräuelich und gröblich entsetzt 
and in ein Diebe und meyneidig gescholten.“ !N 
Anläfslich der Beschuldigung eines Ratsdieners, dafs er während 
des Bayrischen Krieges seinen Vater erwürgt habe, werden vier 
Wochen Kämmerlein zuerkannt. Der Aufruhrrat wünscht mit den 
Juden auf freundlichem Fufse zu stehen; er verbannt daher solche, 
welche übel von jenen reden.!?) Als mit Recht sehr ahndungs- 
würdig erscheint das Verleumden von Büreersfrauen. wie u. a. die 
8) Mfb. 1562. 2) PO. 35; s. Verführung; AB. 316, 5, 1381. 
10) Hedewigis sententiavit se a civitate sub pena susvendii, quod de- 
duxit wolveline res et honores, AB. I, 11, 1310. 
1) Haderb. IL, 74, 111, 229; AB. 1448, 4; Rtb. II, 285 StA:; Hansen 
d. d. er redt er wolt nach der frawen Engel volvarn mit dem rehten, die im 
verstolen hat und daz er niht tun wolt, AB. 817, 20, 1406; 57, 1409. 
12) Rtb. X, 183 StA.: AB. Lochner. 1923.
	        
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